
Alfred Wickenburg (1885-1978): St. Michaels-Kapelle im Schloss Seggau (1961)
Das Glasfenster mit dem Titel „Lamm Gottes und Himmlisches Jerusalem“ besteht aus zwei Teilen. Oben hat der Künstler ein weißes Tier gesetzt, mit dem Kopf direkt vor dem rotfarbenen Buch des Lebens. Der Kopf mit roten Augen trägt eindeutig die Physiognomie eines Wolfes, obwohl es sich hier um ein Lamm handeln dürfte. Darunter befindet sich in einem eigenständigen Bildfeld die Stadt Gottes mit einigen ihrer traditionellen Bildsymbole: Links wurde mit blauen Glasscheiben der Fluss des Lebens eingefügt, daneben steht der Lebensbaum als Palme. Anschließend sind über einer Stadtmauer eine Ansammlung kleiner Bauten und rechts mehrere Perlen in Blautönen gesetzt. Trotz dieser relativen Vielschichtigkeit ist das Bild aus nur wenigen Glassteinen aus echtfranzösischem Dickglas mosaikartig zusammengesetzt.
Es handelt sich um eine Arbeit des österreichischen Malers und Grafikers Alfred Wickenburg (1885-1978), hier in Zusammenarbeit mit der Werkstatt Schlierbach. Soweit bekannt, ist es das einzige Mal, dass der Künstler in seinem Schaffen das Himmlische Jerusalem dargestellt hat. Das Fenster hat insgesamt die Maße 237 x 199 Zentimeter und wurde aus Betonglas in Stahlrahmen gearbeitet. Eingebaut wurde es zunächst in die römisch-katholische St. Michaels-Kapelle im Nordflügel des Wirtschaftshofs von Schloss Seggau bei Leibnitz in der Steiermark. 2001 wurden die Fenster ausgebaut und in einen neuen, frei stehenden Kapellenbau wieder eingesetzt. Es bildet dort den rechten Abschluss dreier Altarfenster. Keines der drei Fenster ist datiert; die Diözese nennt als Entstehungszeit 1961.
Während in vielen anderen Fällen die Vorstudien uns Skizzen verloren gingen, hat sich bei dieser Arbeit ein Entwurf von 1959 erhalten. Er kam mit anderen Teilen des Nachlasses der Künstlers in das Museum Belvedere in Wien (dort Signatur Ex 29847 bzw. Werkverzeichnis FE3).
Günther Jontes: 100 steirische Meisterwerke, Graz 2004.
Gert Christian: Schloss Seggau. Eine kurze Kunst- und Kulturgeschichte des steirischen Bischofsschlosses, Leibnitz 2011.
Martin Glettler u.a.: Sakral:Kunst. Innovative Bildorte seit dem II. Vatikanischen Konzil in der Diözese Graz-Seckau, Regensburg 2015.
Stella Rollig u.a.: Alfred Wickenburg: Visionen in Farbe und Form. Meisterwerke im Fokus, Wien 2017.