Diese Weltgerichtsikone aus der Wolgaregion ist um das Jahr 1650 entstanden und ist heute Teil der Rakhmanov-Sammlung. Sie besteht aus Tempera und hat eine Größe von 46 x 40 Zentimetern. Das Himmlische Jerusalem befindet sich links oben, am Ende einer Reihe aufsteigender Engel, die von der Paradiespforte unten links kommen (Typus Fahrstuhlikone). Aufgrund ihrer dunklen Farbgebung ist die Stadt auch auf dem Original kaum zu erkennen.
Anders ist dies auf einer freien Kopie dieser Ikone aus der Verkündigungskathedrale im russisch-orthodoxen Kloster Murom an der Wolga (Oblast Wladimir). Während das Original in einem kräftigen Gelb gehalten ist, dominiert hier ein nicht weniger kräftiger Grün- und Pinkton. Das Werk zeigt auf seiner linken Seite oben Heilige, die, von Mauern umschlossen, im Himmlischen Jerusalem an langen Tischen das ewige Abendmahl feiern. Die Stadt ist in die Breite gezogen. Sie hat dadurch an der Frontseite fünf niedrigen Tore und ist an den Seiten von schmalen, höheren Türmen flankiert. Links unten ist die Jerusalemthematik nochmals mit einer Himmelspforte aufgenommen. Die Ikone stammt aus dem Jahr 1714. In diesem Falle ist einmal der Maler namentlich bekannt: Es ist der Maler Alexander Kazantsev (geb. 1658), der hauptsächlich in Murom aktiv war und dort mehrfach nachgewiesen ist. Auch sein Bruder und sein Sohn waren Maler, er selbst soll die Kunst an der Moskauer Rüstkammer erlernt haben.
Nach Jahrhunderten in der Verkündigungskathedrale des Klosters gelangte die überaus wertvolle Ikone im Zuge der Verstaatlichung am 1. April 1940 in das Staatliche Museum von Murom. Dort wurde das Kunstwerk trotz der Kriegsbedingungen von 1941 bis 1944 umfangreich restauriert und ist heute Teil der Dauerausstellung.
Иконы Мурома, Москва́ 2004.
Tat’jana B. Kuprjašina, Levon V. Nersesjan (Hrsg.): Ikony Muroma, Moskva 2006.
Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).