Eine Ikone mit einer umfangreichen Weltgerichtsdarstellung stammt aus der russisch-orthodoxen St.-Boris-und-Gleb-Kirche in Nowgorod. Sie ist in der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden, basiert auf Temperafarben und hat eine Gesamtgröße von 136 x 115 Zentimetern. Heute wird das Kunstwerk im Staatlichen Museum von Nowgorod aufbewahrt und ist dort Teil der Dauerausstellung.
Das Himmlische Jerusalem ist ein relativ kleiner Ausschnitt des Ikonenbildes von 45 x 25 Zentimetern an der oberen linken Ecke. Es besteht aus einer vielgliedrigen Stadtlandschaft, angelehnt an russische Bauten des 16. Jahrhunderts. Im unteren Bereich befinden sich in unterschiedlichen Farben mehrere Arkaden, die auch Tore der Stadt sein könnten. In diesen befinden sich, nach Gruppen geordnet, verschiedene Heilige der Kirchengeschichte (Typus Arkadenjerusalem). Darüber sind die eigentlichen Bauten der Stadt gesetzt, sie ziehen sich in Reihen von links nach rechts. Im mittleren Bereich sind diese Bauten weiß und haben grüne oder rote Dächer. Rechts ist hier auch die St.-Boris-und-Gleb-Kirche im Zustand des 16. Jahrhunderts eingesetzt. Es ist ein frühes und sehr seltenes Beispiel, dass auf einer Ikone dem Himmlischen Jerusalem ein historisches Bauwerk eingefügt wurde, was sicher der Identifikation und Hoffnung der Gläubigen förderlich war. Im Kirchenbau sollte bereits etwas vom Himmlischen Jerusalem erlebbar sein. An beiden Seiten befinden sich größere turmartige Bauten, die die Stadt, die ohne Mauern ist, abschließen. Sie haben eine graue Färbung, links besteht das Dach aus drei spitzen Zacken, rechts aus einem roten Baldachin.
Vladimir Codikovič: Semantika ikonografii Strašnogo Suda v russkom iskusstve 15.-16. vekov, Ul’janovsk 1995.
Ewgenia Petrowa: Nowgorod. Das goldene Zeitalter der Ikonen, München 2005.
Claus Bernet: Die Frühe Neuzeit. Eine Hoch-Zeit der Jerusalemskultur, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 5,2).