Auch in den Niederlanden wurden im Zweiten Weltkrieg durch Sprengbomben außerordentlich viele Glasfenster für immer vernichtet. Mauersteine kann man wieder zusammenfügen, Glassplitter nicht. Der Bildhauer und Maler Max Weiss (1910-1972) schuf im Jahr 1952 neue Fenster für die römisch-katholische Kirche Sankt Isidorus. Weiss aus Plauen kam 1929 in Kontakt mit dem Niederländer Joep Nicolas (1897-1972), beide freundeten sich an, bis Nicolas 1939 sein Atelier an den jüngeren Künstler verkaufen musste, da er in die USA auswanderte.
Während Anfang der 1950er Jahre woanders noch einfache Notverglasungen dominierten, konnte man sich in dem kleinen Ort Heibloem, der als Retortenstadt einst ein Vorzeigeprojekt gewesen war, Buntglasfenster eines international renommierten Künstlers leisten. Der Bau ist eine Hallenkirche aus Backstein mit einem Satteldach und befindet sich in der Provinz Limburg.
Weiss entschied sich für düster wirkende Bleifenster in grauem, grünstichigen Antikglas mit einer Grisaillemalerei.
Ein Fenster mittig an der linken Seite mit dem Titel „Het nieuwe Jerusalem“ („Das Neue Jerusalem“) zeigt die ummauerte Stadt, die aus verschiedenen spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Bauten besteht, eng aneinander gesetzt. Es sind vornehmlich Kirchen, die an die Silhouette des Doms von Aachen mit seinen drei markanten Dächern erinnern. Nach den Seiten wirft die Stadt zackige Strahlen von weißem Licht aus. Unten hat Weiss eine morbide Szenerie vor die Stadtmauer gesetzt. Links befindet sich eine Kloake, aus der Wasser bzw. Abwasser tritt. Daneben steht ein schiefes Kreuz, das auf die Mauer seinen Schatten wirft. An der rechten, nördlichen Seite befindet sich ein niedriges Tor mit einem schwarzen Eingang, dann ganz rechts einige Stufen, die zum Friedhofsgatter führen. Über diese morbiden Elemente zieht sich die eigentliche Stadtmauer mit Zinnen, auf der man einzelne Steine gut ausmachen kann.
Ein besonders schöner Einfall, den ich nur aus Heibloem kenne: Exakt der Ausschnitt mit dem Neuen Jerusalem ist ein echtes Fenster, d. h., man kann es kippen oder komplett öffnen.
Peter F. Althaus, Robert Gnant: Max Weiss, Luzern 1968.
KünstlerInnen im Mendrisiotto, Hochdorf (1991).
Jan Verkennis (Bearb.): St. Isidoruskerk, Heibloem, o.O., um 2020.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 3, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 26).