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Herman Veldhuis (1878-1954): Reformierte Kirche von Enschede-Noord (1930)

Der Entwurf der originalen Bleiglasfenster für den Bau der reformierten Kirche von Enschede, einer Stadt der Provinz Limburg direkt an der deutsch-niederländischen Grenze bei Gronau, stammt von Herman Veldhuis (1878-1954), einem 1930, als die Fenster geschaffen wurden, populären Künstler. Heute ist der expressionistische Maler und Glaskünstler aus Delft so gut wie vergessen, es gibt nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag zu ihm (2021). Gleiches gilt für die Kirche, die kunsthistorisch bislang unbeachtet blieb, vielleicht zu Unrecht.

Das Detail mit dem Himmlischen Jerusalem in kräftigen Primärfarben befindet sich an der Ostseite des Kirchenschiffs gegenüber dem Altar. Es ist dort das Bogenfenster in der Mitte. Im Zentrum, in einem eigenen Bildfeld, befindet sich ein bollwerkartiger, dunkelroter Torturm. Er besitzt eine signifikante grünfarbene Kuppel, die wie eine Sirene oder ein Leuchtturm goldgelbes Licht auszustrahlen scheint. Unten befindet sich der eigentliche Zugang in die Stadt. Es ist unklar, ob dieser Zugang offen oder geschlossen ist. Die Frontseite ist so hoch, dass keine weiteren Bauten dahinter gesehen werden können. Die einzelnen Bauteile, wie auch das durch einen Wellenfries angedeutete blaue Wasser und die grünen Landpartien im Vordergrund, die aus Blättern bestehen sollen, sind auf einfache geometrische Formen heruntergebrochen, die das Werk fast als Symbol oder Zeichen erscheinen lassen. Sie sind zu beiden Seiten symmetrisch angelegt. Umgeben ist dieses Bildfeld mit rechteckigen Blöcken in Orange und in Violett. Ansonsten ist der überwiegende Teil des gewaltigen, mehr als fünf Meter hohen Fensters, figürlich nicht gestaltet, sondern besteht aus pastellfarbenen Scheiben.
Für die Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg, in dem zahlreiche Kirchenfenster in den Niederlanden für immer zerstört wurden, ist diese Arbeit ein seltenes und hochwertiges Beispiel für das Zusammenspiel von modernem Motiv und handwerklichem Können.

Nur durch ein sprichwörtliches Wunder hat sich dieses Fenster erhalten: Am Samstag, am 13. Mai 2000, explodierte in der Stadt eine Feuerwerksfabrik: 23 Menschen starben, 947 Personen wurden verletzt und das Stadtviertel Roombeek verwüstet. Just zu diesem Zeitpunkt war ein Großteil der Fenster bei einem Restaurator ausgelagert, da man sich entschlossen hatte, die Kirche zu renovieren. Allerdings war das Fenster mit dem Neuen Jerusalem nicht darunter. Wie die gesamte Kirche erlitt es großen Schaden, viele Scheiben waren zerbrochen, die Halterungen herausgerissen. Glücklicherweise hatte man aber in Vorbereitung der Renovierung die Fenster fotografisch sorgfältig dokumentiert. Dank dieser Fotos, erhaltener Fenster-Fragmente und aus dem Schutt geretteter Scheiben konnte in den nächsten Jahren der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden.

Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).

 

tags: Expressionismus, Niederlande, Leuchtturm
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