Die fünf Fenster der römisch-katholischen Kirche „Namen Jesu“ in Wien-Meidling bilden ein Ensemble. Ihr gemeinsames Thema ist „Jesus Christus“. Sie wurden im Jahr 1950 von dem Künstler Oswin Amann (1927-2007) für diesen wichtigen sakralen Nachkriegsbau hergestellt. In ganz Österreich war es nach 1945 das erste Mal, dass ein Neues Jerusalem geschaffen wurde. Die Interpretation soll vom Mittelfenster ausgehen, welches das Ziel der Geschichte deutet (Apokalypse-Fenster). Die Arbeiten verraten die Herkunft Amanns als Grafiker, er selbst führte dazu aus: „Ich habe mich schon immer für Typographie und Buchdruck interessiert. Nun sind die biblischen Bücher niedergelegte Schrift, am Anfang war das Wort… Die Idee, dass Christus sich im geschriebenen Wort verbürgt und wir allein in und durch die Bibel ihn, den Erlöser, erfahren, hat mich zu den Fenstern angeregt. Und dann natürlich der Name der Kirche. Er war schon damals etwas ungewöhnlich, und die Fenster versuchen, etwas von der Idee sichtbar zu machen, wofür diese Namen stehen“.
Links und rechts des Mittelfensters befinden sich weitere Fenster mit Abkürzungen für Jesus: IHS (der irdische Jesus) und XP (der erhöhte Christus, das Christus-Fenster). Ganz außen ist, wie ein Rahmen, das A und das O zu finden (Alpha- und Omega-Fenster), als Zeichen von Beginn und Endziel der Schöpfung. Das letztere, also das Omega-Fenster ist hier zu sehen. Oben ist das Himmlische Jerusalem als Tor mit einer Stadtmauer angedeutet. Um die Pforte bildet sich ein fast runder Strahlenkranz. Das Tor soll auch der blockartigen Eingangstüre der Kirche nachempfunden sein, der hier ein lateinisches Kreuz unterlegt ist. Links und rechts, außerhalb des Buchstabens Alpha, sind eine Sonne und ein Mond angedeutet, zwischen denen das „Buch des Lebens“ („Liber Vitae“) steht. Ganz unten hat Amann noch eine Waage eingesetzt, ein altes traditionelles Symbol für das Gericht, welches die Bewohner des Himmlischen Jerusalem von denen der Hölle trennt. Diese Details, wie auch andere Fensterdetails dieser Kirche, gehen bereits stark in die Richtung der abstrakten Kunst.
Ludwig Varga: Die Pfarre Namen Jesu. Geschichte eines Pfarrzentrums, Wien 2001 (Blätter des Meidlinger Bezirksmuseums, Heft 53/54).
Claus Bernet: Neues Jerusalem in Österreich, der Schweiz und der Alpenregion. Ein Kunstreiseführer, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 18).