An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert entstand eine Weltgerichtsdarstellung, die sich zunächst in der russisch-orthodoxen Christi-Geburtskirche des Dorfes Priluki im Rajon Onega befand. Im Jahr 1972 ist sie auf staatliche Veranlassung in das Kunstmuseum von Archangelsk gekommen, einer Hafenstadt in Nordrussland. Dort hat das Kunstwerk die Inventarnummer 1588 bekommen. Im Jahr 1974 wurde es umfassend von A. A. Rybakova restauriert. Dabei kamen die ursprünglich kräftigen und leuchtenden Farben gut heraus, Beschädigungen konnten beseitigt werden.
Das Tempera-Gemälde auf Kiefernholzplatten hat eine Gesamtgröße von 191 x 147 Zentimetern. Das Himmlische Jerusalem ist, wie üblich, auf der Ikone oben links positioniert (siehe Ausschnitt). Unten sind drei der Rundbogen-Tore mit Engeln in jeweils einem Tor zu sehen, unter Beeinflussung des Byzantinismus. Ganz unten befindet sich der blaue Lebensfluss. Es ist die vordere Front der Stadt, die an ihren Seiten und auf der Rückseite vermutlich noch neun weitere solcher Tore besitzt. Über den Engeln genießen Heilige das ewige Abendmahl. Sie haben sich auf zwei Etagen versammelt, vor ihnen wird das Abendmahlsgerät präsentiert. Es sind in der vorderen Reihe ausschließlich alte Männer mit langen Bärten. Auf der zweiten, oberen Etage, laufen die Seitenlinien nach hinten aufeinander zu, so dass der Eindruck von räumlicher Tiefe entsteht und man meint, zahllose Heilige bis an den Hintergrund versammelt zu sehen. Auf dieser Höhe sind auch grün-rote Türme horizontal aneinander gereiht. Es ist eine typische Jerusalems-Architektur, wie man sie auch auf den Weltgerichtsikonen der Tretjakow-Galerie oder auf anderen russische Weltgerichtsdarstellungen des 17. Jh. findet. An den Seiten flankieren weitere Türme, die aus zwei übereinander gesetzten roten Säulen zu bestehen scheinen, die nach oben ebenfalls durch einen grün-roten Dachgiebel abgeschlossen sind, das Bauwerk.
The State Museum Association ‚Art Culture of the Russian North‘ (Hrsg.): Icons of Northern Russia, 1, Moscow 2007.
Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).