Marius de Leeuw (1915-2000): Fenster in H. Maria Geboorte in Dussen (1956)

Die römisch-katholische Kirche H. Maria Geboorte im niederländischen Dussen (Provinz Nordbrabant) wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 1953 wurde sie als dreischiffige Basilika wieder aufgebaut. Zu der Neubaukonzeption gehörte von Anbeginn an ein Marienzyklus. Er besteht aus sechs expressionistischen Glasfenstern. Das zweite Fenster im rechten Seitenschiff hat den Titel „Gloria Jeruzalem“ (man findet die Buchstaben auf dem Fenster verteilt).

Obwohl die Motive nicht abstrakt oder symbolisch dargestellt wurden, erschließt sich das Fenster dem Betrachter ohne Vorkenntnisse nur schwerlich. Es zeigt oben ein Sonnen- und Mondsymbol mit dem Gottesauge – ein originärer und auch ausdrucksstarker Einfall des Künstlers. Die Figur darunter soll Maria mit erhobenen Armen sein, umgeben von Vögeln (Tauben?), was jedoch nicht zu ihren traditionellen Attributen gehört. Im oberen Teil des Fensters sind einige Tore und Bauten der Stadt Gottes eingesetzt, in den Farben rot, lila und immer wieder braun. Umgeben sind diese Bildmotive von großen milchigen Scheiben, die vor allem Licht in den Raum bringen. Die hohe handwerkliche Qualität der Ausführung zeigt sich darin, dass die Struktur und die Oberflächen dieser weißen Scheiben unterschiedlich ist, so dass ein lebendiger Ausdruck entsteht.

Das Fenster wie der gesamte Zyklus wurde 1957 von Marius de Leeuw (1915-2000) geschaffen (signiert und datiert rechts unten). Später, 1965, sollte de Leeuw das Neue Jerusalem nochmals bei einem vielbeachteten Buntglasfenster des Jeroen-Bosch-Krankenhauses in Den Bosch/Herzogenbusch gestalten.

Bei meinem Besuch war die ehemalige Kirche bereits profaniert worden. Dadurch war es möglich, einen unverstellten Blick ohne die Bänke (aber mit der Fußbodenheizung) zu bekommen. In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, die Fenster im Zusammenhang zu erleben. Sie unterliegen dem lokalen Denkmalschutz und konnten gerettet werden: Zukünftig werden die einzelnen Fenster den verschieden Wohnappartements zugeordnet sein.

Theodorus G. Hoogbergen: Marius de Leeuw, Zwolle 2005.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).

 

Zum Künstler:

Marius de Leeuw wurde 1915 im niederländischen ’s-Hertogenbosch geboren. Bekannt wurde er vor allem durch monumentale Glasfenster und Wanddekorationen in verschiedenen Techniken, daneben schuf er auch Gemälde, Gouachen, Zeichnungen, Aquarelle und Grafiken.
De Leeuw wurde an der Kunstschule in ’s-Hertogenbosch, der Akademie der Künste in Rotterdam und dann der Reichsakademie der Bildenden Künste in Amsterdam ausgebildet. Er war dort ein Schüler des expressionistischen Malers Heinrich Campendonk (1889-1957). 1947 erhielt de Leeuw den renommierten Rom-Preis für monumentale und dekorative Kunst mit einem Stipendium für drei Jahre. Der Siegerentwurf wurde erst posthum 2005 als Glasmalerei ausgeführt, er hängt heute im Koning Willem I College in ’s-Hertogenbosch.
Danach erhielt de Leeuw mehrere Auszeichnungen für seine Arbeiten (u.a. silberne Jeroen-Bosch-Medaille, den Kulturpreis Noord-Brabant) und wurde zum Ritter des Ordens von Oranien-Nassau geschlagen. 1953 wurde er Lehrer an der Königlichen Akademie für Kunst und Design in ’s-Hertogenbosch. Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1980 war er stellvertretender Direktor dieser Kunstakademie. Im Jahr 2000 ist der Lehrer und Künstler verstorben.

 

tags: Niederlande, Nachkriegskunst, Marienverehrung, Marius de Leeuw, Zyklus, Brabant
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