Orthodoxes Weltgericht aus Detroit (1925)

Diese Ölmalerei ist eines der wenigen Weltgerichte des 20. Jahrhunderts. Es zeigt in der Mitte die Auferstehung der Toten. Diese werden zum Teil von Teufeln nach unten gerissen, wo Menschen in unterirdischen Höllenfeuern brennen. Anderen Menschen gelingt es, zum Teil mit Unterstützung von Engeln, in die obere Himmelswelt zu kommen. Dort bestimmen vor allem Engel das Geschehen. Acht von ihnen rufen mit Posaunen zum Jüngsten Gericht, einer zeigt mit einer Sanduhr die ablaufende Zeit an, ein anderer präsentiert einen Lorbeerkranz. Darüber öffnen sich zwei Flügeltore und geben die Bühne frei für weitere endzeitliche Ereignissen: Zwei Personen sitzen auf jeweils einem Thron, Gott neben Christus. Ein Engel mit Schwert hält Wache, ein anderer präsentiert eine Waage, die Seelenwaage. Das eigentliche Himmlische Jerusalem zeigt sich erst ganz im Hintergrund. Dort zieht sich eine rotbraune Mauern von Flügeltür zu Flügeltür, was von einem Regenbogen überspannt wird. Zwei goldene, orthodox wirkende Kuppel lassen sich erkennen. Auf den Zinnen sitzen mitunter Engel, die Harfe spielen.

Der Maler dieser Malerei ist nicht bekannt, aber das Jahr ihres Entstehens: 1924. Lange Zeit war das Bild in einer Kirche in Detroit aufgestellt. Die Stadt war damals eine der prosperierenden Regionen der USA, allein zwischen 1900 und 1930 verfünffachte sich die Bevölkerung, und viele fanden Arbeit in den Fordwerken und seinen Zulieferern. Auch das religiöse Leben blühte, fast jeden Monat wurde eine neue Kirche eröffnet. Da diese Malerei an Ikonen angelehnt ist, liegt es nahe, dass sie einst in einer russisch-orthodoxen Gemeinde aufgestellt war, oder der Maler aus Osteuropa eingewandert war.
Jedenfalls wurde sie im 21. Jahrhundert in einer aufgegebenen Kirchenruine Detroits aufgefunden und gesäubert. Sie war erstmals auf der Metro New York Show 2014/15 ausgestellt, dann Teil der Ausstellung „OPUS HYPNAGOGIA: Sacred Spaces of the Visionary and Vernacular“ im New Yorker Morbid Anatomy Museum, wodurch das Bild erst der Fachwelt bekannt wurde. Es ist im Besitz der Stephen Romano Gallery (Brooklyn) und steht zum Verkauf an.

 

tags: Ikone, Michigan, USA, Regenbogen, Himmelspforte
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