Bei den hier besprochenen Abbildungen handelte es sich um etwas Besonderes: Es sind sogenannte „Glaslaternenbilder“ (glass lantern slides), also nicht „Gaslaternenbilder“, sondern Glasbilder, die ähnlich wie ein Dia funktionierten. Mit einem Projektor wurden sie an die Wand geworfen, in tausendfacher Vergrößerung. Vor allem die anglikanisch ausgerichtete Church Army nutzte diese Bilder für missionarische Zwecke. Sie ließ ganze Serien von biblischen Themen, Legenden, frommer Motive herstellen und hatte dazu eigens eine Laternenabteilung gegründet, die schließlich auf einem Fundus von etwa 100.000 solcher Bilder saß. Diese konnten ausgeliehen und in speziellen Lieferwagen durch Großbritannien transportiert werden, um sie auf Veranstaltungen zu evangelisierenden Zwecken zu verwenden. Inzwischen sind auch Fälle bekannt geworden, wo diese Glaslaternenbilder nach Kanada und nach Indien verliehen wurden. Ganz bewusst sprach man eine Bildtradition an, die das Publikum verstand und ihm vertraut war. In London, wo sich der Sitz der Church Army befand, griff man auch auf die englische Tradition der Abbildungen zu „Pilgrim‘s Progress“ von John Bunyan zurück, dem damals nach der Bibel meistgedrucktem Buch der Welt. So lag es nahe, sich an den zahlreichen Illustrationen dieses Welterfolgs auszurichten. Dazu holte man eine Lizenz bei der der Religious Tract Society ein und beauftragte die Firma Newton & Co. in London mit der Produktion.
Vor allem die Arbeiten von Paolo Priolo und auch Joseph Martin Kronheim wurden herangezogen, was besonders bei dem ersten Glaslaternenbild deutlich wird. Eine Kopie speziell der Abbildung von S. 25 der Ausgabe von 1865 erschien um 1905, auch hier mit der Inschrift „Klopft an, so wird euch aufgetan“. Die Architektur und das Gatter wurden kopiert, lediglich bei den Figuren kam es zu minimalen Änderungen: Man verzichtete jetzt auf den Schlüssel des Petrus, den man vielleicht als zu katholisch empfand. Der Pilger wurde jetzt ebenfalls mit einem Bart ausgestattet, und hinzugekommen sind die Pfeile des Teufels, die traditionell zu dieser Szene gehören.

Noch zwei weitere farbige Glaslaternenbilderer zeigen Himmelsarchitektur. Bei der Szene der Flussüberquerung hat sich Newton & Co. vor allem bei den Figuren an Priolo gehalten. Das Himmlische Jerusalem ist jedoch jetzt hoch oben auf den Berg gerückt, was auch der Textvorlage entspricht. Das letzte Farbbild ist eine Neuerfindung der Zeit um 1905, hier scheint es keine konkrete Vorlage gegeben zu haben oder sie ging verloren. Engel musizieren und umringen die beiden Helden, die mit Lorbeeren bekränzt wie Olympiasieger auf einer Treppe stehen. Über ihnen bricht der Himmel auf, die goldenen Kuppeln und weißen Mauern des Himmlischen Jerusalem brechen durch. Links wie rechts, leicht zu übersehen, sind weitere Fragmente der Stadt zu sehen, die man sich hinter den Wolken zusammenhängend vorstellen muss.

Dieses Glaslaternenbild scheint allein in schwarzweiß hergestellt worden zu sein. Zwar gibt es eine ähnliche Farbfassung mit nur minimaler Änderung der Personenanordnung (Besitz des Hulton Archivs), doch die Farbfassung zeigt am Ende der Stufen keine Pforte. Das Bild ist stilistisch der letzten Farbabbildung ähnlich und wird um 1905 entstanden sein. Die Beischrift „The Pilgrims ascend the Throne“ verrät, dass es sich auch hier um eine Illustration zu Pilgrim‘s Progress handelt, als eine Art Schlussbild oder Finale, bei dem der Held bereits nicht mehr zu sehen ist, da er die helle Pforte ganz oben durchschritten hat.
Sabine Lenk, Natalija Majsova (Hrsg.): Faith in a beam of light. Magic lantern and belief in Western Europe, 1860-1940, Turnhout 1922.



