Herlinder Almer (1937-2023): Bildteppich aus der Kapelle in Birkfeld (um 1985)

Der Bildteppich „Himmlisches Jerusalem“ wurde vom Pfarrer von Birkfeld, Bischofsvikar Dr. Willibald Rodler, als Altarbild der Kapelle des damaligen Pensionistenheimes in Birkfeld/Steiermark (heute Bezirkspflegeheim Birkfeld) in Auftrag gegeben. Er wurde dann von der Malerin, Textilkünstlerin und Pädagogin Herlinder Almer (1937-2023) entworfen und um 1985 von der Diplomweberin Doris Lötsch hergestellt. Stilistisch ähnelt er den Arbeiten von Ruth von Fischer, obwohl kein direkter Zusammenhang besteht. Sein Platz ist heute an der zum Altar hin rückwärtigen Wandseite, wo sich auch der Ausgang befindet – man entdeckt ihn also nicht beim Betreten, sondern Verlassen des Raumes.

Der 120 x 80 Zentimeter große Teppich ist in handgefärbter Wolle gewebt und wurde leider anlässlich des Umbaus des Pensionistenheimes in einer gewöhnlichen Waschmaschine gewaschen und geschleudert, was das Kunstwerk stark beeinträchtigte, indem die ursprüngliche Leuchtkraft verloren ging. Wenn man dies aber nicht weiß, tut dies dem künstlerischen Genuss keinen Abbruch, denn über die Jahrzehnte wäre er ohnehin ausgeblichen. Manche empfinden den zurückhaltenden Farbton sogar dem Gegenstand angemessener.

Diese, wie andere Arbeiten, wurde von Almer als „Symbolbild“ bezeichnet. Um die Bildmitte sind verschiedene Dreiecke gesetzt, die mit ihrer Spitze auf diese Mitte hinweisen. Bei genauerer Betrachtung kann man auch in diesem Symbolbild Figürliches entdecken: So befinden sich in der unteren Bildhälfte ein Dutzend offene Tore, die zum Teil ineinander und übereinander gesetzt sind. Ungewöhnlich ist die graue Rahmung und schwarze Füllung dieser Tore, die in anderen Arbeiten fast immer in gelb-goldener Helligkeit gezeigt werden. Rechts ist ein Kuppelgebäude mit zwei Fenstern und einem eigenen Eingang zu erkennen. Im oberen Abschluss schwebt im gleißenden Licht eine rötliche Mondsichel, nach oben hin geöffnet und als Mariensymbol zu verstehen. Eine weitere, noch größere Sichel findet sich links als kompositorisches Gegengewicht zur Kuppel. Dynamik und Bewegung entsteht durch hellere und dunklere Partien, wobei tendenziell das Helle, das Licht, nach oben hin zunimmt.

 

 

tags: Symbol, Wandteppich, Kapelle, Altenheim, Steiermark
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