Wolf-Dieter Kohler (1928-1985): evangelische Kirche St. Laurentius von Neckarweihingen (1979)

Der Glasmaler Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) erfand sich am Ende seiner Karriere neu, um 1980 änderte sich sein Stil merklich: die Zeichnungen werden weicher, die Figuren blicken freundlicher, die abstrakten, expressiven Anteile (Zacken und Strahlen aller Art) sind deutlich zurückgenommen und die Fenster wirken harmonischer, ausgewogener. Hat Kohler schon von Beginn sich an biblische Texte gehalten, so verstärkt sich diese Tendenz noch einmal deutlich: Seine Fenster sind letztlich gemalte Bibelkommentare – hier trifft er sich mit seinem großen schwäbischen Kollegen Sieger Köder, mit dem er, soweit bekannt, leider nie zusammen gearbeitet hat.
Für diese umrissenen Tendenzen, die hier natürlich nicht vertieft besprochen werden können, stehen die Fenster der evangelischen Laurentiuskirche in Neckarweihingen. Der geschichtsträchtige Bau geht bis auf das Mittelalter zurück. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich nur selten die Gestalt geändert, die zur Verfügung stehenden Mittel waren gering und vorherrschend war die Tendenz, die Werke der Vorfahren zu integrieren und zu ergänzen, als alles anders zu machen. Das hat sich dann im 20. Jahrhundert geändert: 1912 wurde der Innenraum im Jugendstil umgebaut. Als 1979 der Chor renoviert und der Altar nach hinten versetzt wurde, kam es auch zu neuen Buntglasfenstern. Die vier Chorfenster wurden von Kohler entworfen und von der Manufaktur Gaiser und Fieber, damals noch in Stuttgart, hergestellt.

Das dritte Chorfenster zeigt oben eine Vielzahl von Details des Neuen Jerusalem. Zunächst ist auf die annähernde Quadratform hinzuweisen. Den äußeren Rahmen bilden zwölf Tore, die man hier von oben zu sehen scheint. Ihnen wurde jeweils ein roter Edelstein aufgesetzt, dessen Ausgestaltung, Zufall oder nicht, an eine blühende Rose erinnert. Früher war die Mitte Jerusalems bei Kohler leer und unbesetzt, jetzt wird es eng: Links findet sich der Lebensbaum mit seinen zwölf Früchten (vgl. Itzehoe). Rechts findet sich das Lamm Gottes auf einem Thron. Durch beide Fensterbahnen strömt das Wasser des Lebens, grüne Scheiben deuten Auen oder Uferbereiche einer Paradieslandschaft an – Häuser oder gar Bewohner wird man bei Kohler kaum einmal finden.

Bernd Ottnad: Gestalt und Bedeutung des Heiligen Laurentius in der Geschichte, Neckarweihingen 1968.
Chronik der Gemeinde Ludwigsburg-Neckarweihingen, 1931-1984, o.O. 1984.
Markus Otto: Die evangelische Laurentiuskirche in Neckarweihingen, in: Hie gut Württemberg. Menschen, Geschichte und Landschaft unserer Heimat, 39, 1988, S. 17-19.
Heinz Martin Murr: Die evangelische Laurentiuskirche in Neckarweihingen, in: Hie gut Württemberg. Menschen, Geschichte und Landschaft unserer Heimat, 39, 3, 1988, S. 19-22.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.

 

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