1959 wurde eine neue Kirche zur Versorgung der Katholiken in Kassel-Oberzwehren errichtet. Sie wurde dem damals populären Eremiten St. Nikolaus von Flüe geweiht, auf den auch bei der Innengestaltung, etwa der Fenster, Bezug genommen wurde. Im Eingangsbereich griff man dagegen auf ein traditionelles Bildsymbol zurück, was in vielen Kirchen seit dem Mittelalter zu finden ist. Da der Eingang in die Kirche als Betreten eines heiligen Raums (was er nach katholischer Lehre noch immer ist) gesehen wurde, machte es Sinn, hier das Himmlische Jerusalem zu thematisieren. Üblicherweise waren dies das Tympanon oder die Türflügel-Oberfläche, die diesbezüglich verziert wurden. Hier hingegen wurden einmal die Türgriffe in die Gestaltung mit einbezogen.

Die neue Kirche bekam eine zweiflügelige Doppeltür, die vor allem im Winter die Kälte zurückhalten sollte und in ihrem Zwischenraum eine Dämmschicht warmer Luft hielt, wie man es früher von Kaufhäusern her kennt. Die grauen, industriell gefertigten Standardtüren forderten in ihrer Hässlichkeit geradezu nach Gestaltung heraus. Zunächst änderte man die Oberfläche, indem man die Verglasung der Außentür mit opakem, diejenige der Innentür mit transparentem Glas ausstatte, was bereits etwas Abwechslung hervorrief. Jede Tür hatte in ihrer Mitte einen zwanzig Zentimeter breiten Handlauf aus Metall. Auf diesen wurden jeweils drei Tore aus Bronze aufgesetzt, modelliert als einfache Blöcke mit mittelalterlichen Zinnen.

Die eigentliche Pforte in diesen Toren wurde mit rotem Kunstglas verziert, wobei in jede Pforte zwei dieser Steine gesetzt wurden. Da die Tür insgesamt vier solche Handläufe hat, ergeben sich insgesamt zwölf Tore. Auch die Rückseite wurde verziert: hier wurden (funktionslose) Scharniere aufgesetzt, in welche blaue Kunstglassteine gesetzt sind.

Lange wird man sich an dem Schmuck nicht mehr erfreuen können. Die Steine der Außentür sind dem Vandalismus ausgesetzt. Einige sind bereits vollständig herausgebrochen worden, vermutlich werden sie irrtümlich für Edelsteine gehalten. Fotografische Vergleiche belegen, dass diese Zerstörung erst ab 2015 einsetzte, seitdem leider massiv voranschreitet.
Die kleine Kirche ist relativ unbekannt, es gibt weder kunsthistorische Literatur, keinen Wikipediaeintrag und auch keinen Kirchenführer. Wer sich so viel Mühe mit dieser originellen, handwerklichen Ausgestaltung des Eingangsbereichs machte, ist fast unbekannt. Das bischöfliche Kunstreferrat teilte mit, dass die Gestaltung mit dem Namen „Jorda“ in Verbindung steht – entweder ist dies der Familienname eines Künstlers, oder es handelt sich um eine ausführende Baufirma, etwa einen Schlosser oder Schmied. Bislang konnte allerdings weder ein Künstler noch eine Firma dieses Namens gefunden werden.



