Theo Imboden (1936-2025): Glaswand in Haus Mauritius, Zermatt (1987)

Im Jahr 1987 schuf Theo Imboden (1936-2025), ein Bildhauer, Maler, Glaskünstler und, nach seinem eigenen Verständnis, ein Glasbildhauer aus dem Bergdorf Täsch (Wallis), eine Glaswand im Altarbereich für eine Zermatter Hauskapelle. Sie befindet sich im Erdgeschoss des Hauses Mauritius, einem Alten- und Pflegeheim im Zentrum des Ortes. Pfarrer Imhof, der den Bau der Anlage vorantrieb, trug auch für die künstlerische Ausgestaltung Sorge und konnte für die Glasmalereien Imboden gewinnen, welcher viele Jahre einige Kilometer nördlich von Zermatt wohnte und arbeitete. Der Künstler war vor Ort also gut bekannt, zumal er auch kurz zuvor für die römisch-katholische Gemeindekirche, die ebenfalls St. Mauritius heißt, einen modernen Zelebrationsaltar, Ambo und Leuchter gestaltet hat.
In der Hauskapelle sollen sich die Besucher zusammen mit den auf dem Glas dargestellten Heiligen und Geretteten im Neuen Jerusalem fühlen und etwas von dieser zukünftigen Hoffnungsutopie verspüren.

Der Künstler führt diesen Grundgedanken der künstlerischen Ausgestaltung weiter aus: „Das himmlische Jerusalem erscheint im Raum als zweite Hälfte der irdischen Gemeinde. Durch die sanfte Biegung fühlt man sich in das Geschehen mit aufgenommen, wie, als würde man einen Kreis betreten: die Versammlung der Heiligen um den Altar als mystische Wirklichkeit. Es ist auch die Stätte der der Verwandlung, angedeutet in den drei menschlichen Figuren rechts. Sie formen sich aus den Wolken und gewinnen festere Gestalt, eine Transformation in das Stoffliche, das Figürliche (…). So ist die obere Figur noch kaum ausgestaltet. Die untere Figur hat bereits ein menschliches Antlitz; sie hat bereits die Mauer des Neuen Jerusalem durchbrochen, für diese hat die Frage ‚Wohin gehen wir‘ eine Antwort gefunden“.
Die Glaswand besteht aus neun aneinander gesetzten Reliefglas-Scheiben. Vorne, im Altarbereich, stehen betende Heilige vor rötlichem Hintergrund – sie ergänzen die versammelte Gemeinde. Im Mittelteil zieht sich das Neue Jerusalem über drei Scheiben hinweg, hier findet man die zentralen Motive des Lebensbaums, des Lamm Gottes und des Lebensflusses. Eine handwerkliche Besonderheit sind die sieben dreidimensionalen Scheiben, die unter dem Lamm nicht die Edelsteine, sondern die Siegel des Buches darstellen. Rechts setzen blau-grüne Scheiben an. Aus diesen Scheiben formen sich mehrere weißliche (also von Sünden befreite) Seelen mit menschlichem Antlitz.

Es sind engelhafte Wesen, deren Köpfe plastisch herausgearbeitet sind und bereits in den Jerusalemsbereich hineinragen. Bedenklich: zwei weitere Figuren mit giftgrünen Köpfen bewegen sich nach unten in die entgegengesetzte Richtung. Diese Figuren erinnern an ähnliche Glasmalereien von Hermann Gottfried aus dem 1970er Jahren, jedoch kannte Imboden dessen Werk nachweislich nicht. Imboden griff, was Vorbilder angeht, weiter zurück und nennt die Engelswesen von Edward Burne-Jones als eine Quelle der Inspiration.

Inès Mengis-Imhasly: Theo Imboden, der Glashauer, in: Treize étoiles, 2, 1990, S. 49-52.
Jacques Dentan: Théo Imboden in : L’Echo illustré, 3, 1990, S. 22-27.
F. Willy Waller: Walliser Kulturpreis für einen Rotarier: Theo Imboden, Täsch, RC Zermatt, in: Rotary Suisse-Liechtenstein, 1, 12, 1990/92, o.S.

 

tags: Glasplastik, Glasrelief, Kanton Wallis, Altenheim
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