Fritz Heidingsfeld (1907-1972): Fenster der Erlöserkirche in Deiningen (1961)

Der Künstler Fritz Heidingsfeld (1907-1972), heute überwiegend vergessen und ohne weitere Bedeutung, war seinerzeit ein vielversprechendes Talent, hatte er doch unter Max Liebermann und Otto Dix studiert. Geschult in der neuen Sachlichkeit spezialisierte sich Heidingsfeld bald auf Landschaftsmalerei und Stillleben; in den 1930er Jahren war er in Danzig damit ein etablierter Maler und Grafiker der Gebrauchskunst. Vor allem seine mystischen Überhöhungen kamen im Dritten Reich gut an (etwa ein Plakat für eine Wagneroper oder ein Reiseplakat für die Stadt Danzig). Nach der Vertreibung 1945 ließ er sich in Franken nieder, konnte aber an seine ehemaligen Erfolge nicht mehr anknüpfen. Um überhaupt über die Runden zu kommen, betätigte er sich jetzt auch in der Sakralkunst. Eine Handvoll Aufträge sind heute bekannt, so für evangelische Kirchen in Bamberg, Regensburg und in Deiningen. Malte er in den 1930er Jahren noch den babylonischen Turm als Ölbild, gestaltete Heidingsfeld nun das Himmlische Jerusalem als Glasmalerei, realisiert wurde sein Entwurf vermutlich von von den Werkstätten Gustav van Treeck in München. Man findet dieses Werk in der Erlöserkirche in Deiningen im schwäbischen Landkreis Donau-Ries. Dort wurde mit einem ungebrochenen Optimismus ein geräumiges Gotteshaus samt Empore neu errichtet. Von dort leuchtet ein im Durchmesser zwei Meter großes Rundfenster und wirft ein mattes Licht auf den gegenüberliegenden Altarbereich.

Zwar ist die Arbeit weder signiert noch datiert, doch die Kirchengemeinde besitzt Unterlagen, anhand derer das Jahr und der Name des Künstlers ermittelt werden konnte. Das Rundfenster ist eine typische Arbeit der Nachkriegszeit, Pastelltöne, Einfachheit bis zu einer zurückhaltenden Bescheidenheit waren jetzt in Mode. Das Rundfenster ist in einen oberen und einen unteren Bereich geteilt. Im unteren Bereich finden sich sechs Tore, meist rund, aber auch eckig, die sich im Halbkreis um die Stadt ziehen.

Im oberen Bereich finden sich Einzelbauten mit Kuppeln, dazwischen eine weiße Taube als Symbol des Heiligen Geistes. In ihrer geometrischen Form zeigt sich hier noch die Schulung des Künstlers an der abstrakten Ausrichtung der neuen Sachlichkeit und des Bauhauses. Gebündelte Strahlen gehen von ihr aus. Diese Treffen an mehreren Stellen an den Rand des Glasbildes, wo sie sich mit weiteren Glasstreifen vereinen, die der Stadt einen gelben, orangen und blaugrauen Hintergrund verleihen – eine kompositorische Meisterleistung, die dieses Fenster heute zum wichtigsten Kunstwerk dieser Kirche macht.

Herbert Paulus: Fritz Heidingsfeld, München 1968.
Walter Barsig (Hrsg.): Deiningen inmitten des Rieses, Reimlingen 2004.

 

tags: Bayern, Nachkriegskunst, Friedenstaube, Rundfenster
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