
Franz Rickert (1904-1991): Jerusalemsradleuchter der Pfarrkirche St. Laurentius in Roßtal (1955)
1826 stiftete Paulus Fischhaber, ein wohlhabender Gastwirt, seiner evangelischen Kirche von Roßtal bei Nürnberg einen Kronleuchter. Wie dieser ausgesehen hat, ist nicht bekannt. Vielleicht handelte es sich bereits um einen Jerusalemsradleuchter, denn einen solchen findet man heute in der mittelfränkischen Kirche. Der alte Leuchter wurde vermutlich in einem der Weltkriege eingeschmolzen. Der Gemeinde fehlte eine adäquate Beleuchtung, und Mitte der 1950er Jahre kam es zu einer hochwertigen Neuanschaffung als zentrale Beleuchtung im längsachsigen Kirchenschiff.
Man muss sich die damaligen Zeitumstände in Erinnerung rufen: Gerade zehn Jahre nach Kriegsende war Nürnberg noch extrem zerstört, die Stadt und das Umland vor allem mit Heimatvertriebenen überfüllt, in Deutschland war gerade die Besatzungszeit zu Ende. Dennoch fand man in dieser unsicheren Notzeit ein Bedürfnis nach Sakralschmuck. Auch der zweite Kronleuchter war eine Stiftung von Gemeindemitgliedern; auf dem Leuchter selbst sind genannt Johann Leonhard und Maria Fischhaber, Margarethe Stettner und Andreas Miederer.
Gewinnen konnte man den Gold- und Silberschmied Franz Rickert (1904-1991), der bereits seit 1938 Professor für Goldschmiedekunst an der Akademie der bildenden Künste in München war. Vermutlich erstmals für Roßtal hat Rickert einen Jerusalemsleuchter geschaffen, weitere solche Leuchter sollten folgen. Unter einen Bogen, welcher den Leuchter trägt, wurde ein bronzenes Lamm gesetzt. Um dieses ist der glatt geschliffene Kronreif gelegt, besetzt mit zwölf Tortürmen. Auf diesen Türmen sind jeweils die Kerzen gesetzt, insgesamt zwanzig.
In dieser schlichten, aber eleganten Ausführung galt der Leuchter seinerzeit als gelungenes Beispiel für zeitgenössische moderne Kirchenkunst; in einem Katalog wird er etwas pathetisch gelobt als „Meisterarbeit bester deutscher Handwerkstradition, die dem Bedürfnis der Zeit nach Klarheit und höchster Formvollendung nachkommt, ohne in der geringsten Art und Weise dem Kitsch zu verfallen“. Zeitweise wurde der Leuchter sogar abgehängt und auf Ausstellungen präsentiert, so auf dem Kirchentag 1956 in Frankfurt und 1979 in Nürnberg. In Folge der positiven Aufnahme fühlte sich auch Rickert motiviert, weitere, ähnliche Jerusalemsleuchter zu schaffen, für Kirchen in Bocholt, Schweinfurt oder Hennef.
Pfarrei Roßtal (Hrsg.): Die Pfarrkirche St. Laurentius in Roßtal, o.O., um 2024.