Goudji (geb. 1941): Schmuckreliquar für Pater Pio (1999)

Unter den profanen Kunstwerken, die Motive des Himmlischen Jerusalem zeigen, ist Schmuck eine eigene, größere Gruppe. Der Grund dafür ist offensichtlich: Mit der Betonung wertvoller Materialien wie Edelsteinen, Gold oder Perlen liegt die Assoziation eines Schmuckstücks nahe. Seit der Renaissance kennen wir solche Werke, die sich aufgrund ihres Wertes meistens bis heute erhalten haben.
Diese Gruppe wurde 1999 durch eine Goldschmiedearbeit von Goudji bereichert. Goudji (geb. 1941) ist ein französischer Bildhauer und Goldschmied georgischer Herkunft, der in Sowjetgeorgien geboren wurde. Von 1958 bis 1962 studierte er Bildhauerei an der Kunstschule von Tiflis, anschließend ging er nach Moskau, um als Bildhauer zu arbeiten. Durch die Heirat einer Französin konnte er vier Jahre nach der Hochzeit ausreisen. In Paris fertigte er seitdem Schmuck und Dekorationsgegenstände für Kirchen, Kunstgalerien und Einzelpersonen an, so für Félicien Marceau, Hélène Carrère d’Encausse, Raymond Barre oder Maurice Allais.
Nachdem er für die Abtei von Sept-Fons (1998) ein Reliquiar gestaltet hatte, wurde Goudji vom der vatikanischen Kunstkommission ausgewählt, 1999 das Reliquiar von Pater Pio anzufertigen. Dies war ein Geschenk der Kapuzinerbrüder an Papst Johannes Paul II. anlässlich der Seligsprechung von Pater Pio. Der Papst trug es an seinem Umhang bei der Öffnung der Heiligen Pforte des Petersdoms in Rom und bei der weltweit im Fernsehen übertragenen Heiligabend-Zeremonie, wodurch das Kunstwerk einem großen Kreis bekannt wurde.
Das Schmuckreliquar feiert die Formen Kreis und Quadrat. Zwölf echte Edelsteine wurden in ein Band gesetzt, in dem das Lamm Gottes steht, mit einem dreizehnten roten Edelstein in seiner Fahne. Nach Auskunft der Werkstatt von Goudji sind in das Band exakt die zwölf in der Johannesoffenbarung genannten Steine eingearbeitet, dahinter befindet sich eine Reliquie des Pater Pio. Damit soll gesagt sein, dass der Priester Pio von Pietrelcina, vielleicht der derzeit populärste Heilige Italiens, ohne Gericht direkt in das Himmlische Jerusalem gelangte.

Bernard Berthod et Manuelle Anne Renault-Langlois: Goudji, des mains d’or et de feu, Paris 2011.
Alexander Baumgarte, Tobias Linden, Petra Schreiner: Goudji. Cologne Fine Art & Design, 21.11.2019-24.11.2019, Bielefeld 2019.

 

tags: Reliquar, Schmuckstück, Edelsteine, Vatikan, Papst Johannes Paul II., Goldschmiedekunst
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