Auf diesem schmalen Rundbogenfenster windet sich eine lange Reihe von Menschen von unten nach oben. Dargestellt ist die Menschheitsgeschichte nach der Bibel. Es beginnt mit der Vertreibung aus dem Paradies und endet zunächst an einer Krippe. Von hier, also der Geburt Christi, gibt es eine Brücke nach oben zum Himmlischen Jerusalem und seinem Erlösungsversprechen. Das Bindeglied ist Jesus Christus, in dieser ungewöhnlichen Fensterbahn gleich drei Mal dargestellt: einmal als Säugling bei der Krippe (mit dem Stern von Bethlehem), dann als Gekreuzigter und schließlich hoch oben als Weltenrichter. Seine Bedeutung wird weiter dadurch hervorgehoben, dass die Lichtstrahlen direkt von oben auf die Krippe fallen. Die expressiven Strahlen strukturieren die gesamte obere Hälfte. Dass sich dazwischen auch noch die Tore des Neuen Jerusalem befinden, ist kaum zu erkennen. Es sind einfache, schematische Blöcke, stets gleich gearbeitet: goldgelbe Rahmung, grüne Füllung. Sie bilden mit den Strahlen ein gewaltiges V, das man als Siegeszeichen deuten darf (Victory).
Gegenüber früheren Darstellungen des Themas hat sich der Maler dieses Fensters, Wolf-Dieter Kohler (1928-1985), erneut weiter entwickelt. Es sind neue Bildelemente hinzugekommen, das Ganze wirkt expressiv und hat eine klare inhaltliche und optische Bewegungsrichtung von unten nach oben wie auch von oben nach unten: Kreuzungspunkt und Kulminationspunkt ist die Krippe mit der Geburt Christi.
Dies ist das erste Jerusalemfenster, bei dem Kohler mit Siegfried Geiser zusammenarbeitete. Dieser ist Sohn und Nachfolger von Emil Gaisser, einem Künstler und Unternehmer aus Stuttgart.
Siegfried Geiser war es gewesen, der seinen Namen minimal änderte, um damit auf dem angloamerikanischen Markt verständlicher zu sein. Die Firma Gaiser & Fieber zählt heute neben Derix, O. Peters und Oidtmann zu den führenden Firmen, die international auf dem Markt der Glasproduktion tätig sind und dabei mit zahlreichen Künstlern wie Künstlerinnen kooperiert.
Man findet die Glasmalerei in der evangelischen Dorfkirche von Glems bei Metzingen, wo sie am 16. Juli feierlich eingeweiht wurde.
Rudolf Wurster: Bleiben im Hause des Herrn. Die Geschichte der Kirche in Glems, o.O., um 2000.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.