Wolf-Dieter Kohler (1928-1985): evangelische Marienkirche in Effringen (1964)
Die Marienkirche ist ein evangelisches Gotteshaus in Effringen im Schwarzwald. Im Inneren ist der Bau vor allem durch gotische Architektur- und Schmuckformen geprägt, die zu keiner Zeit kriegszerstört oder purifiziert wurden – eine Seltenheit in Württemberg. Eindrucksvoll sind vor allem die Ausmalungen, auch im Chorraum. Daher fallen die Glaswerke nicht so sehr ins Auge wie in leergeräumten Kirchen. Trotz seines Alters und seines Werke existiert zu dem Bauwerk kaum spezielle Literatur – möglicherweise lag der Bau in einem abgelegenen Nebental der Nagold nicht im Blickfeld von Historikern oder Kunstwissenschaftlern. In dem Band „Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk“ ist diese Kirche nicht mit einem Wort erwähnt.
Ob der Künstler der Neuverglasung, also Wolf-Dieter Kohler (1928-1985), sich mit seinem expressiven Werk eher dem Bestand anpassen wollte oder einen Kontrast setzen wollte, ist im Fall von Effringen schwer zu sagen. Auch war nicht in Erfahrung zu bringen, welche Kunstwerke dieser Neuverglasung weichen mussten, um 1964 das Fenster im nördlichen Seitenschiff einzubauen zu können, was die Glasfirma Valentin Saile aus Stuttgart leistete.
Es handelt sich um ein Tauffenster, was sicherlich die Motivwahl mit beeinflusste, da eine Taufe im unteren Fensterbereich zu sehen ist. Die Darstellungsweise des Himmlischen Jerusalem am entgegengesetzten Ende, dem Ziel- und Endpunkt eines Lebens, weicht erheblich von Kohlers bisherigen Arbeiten ab. So verschwindet die Stadt fast hinter den den zahlreichen Linien, vor allem auch Querlinien, die das gesamte Fenster dominieren.
Auch die Zahl Zwölf spielt hier keine Rolle. Genaugenommen lässt sich gar nicht sagen, ob hier Tore, Torbauten, Häuser, Stadtmauern oder etwas ganz anderes gezeigt ist. Schwarze Fensteröffnungen und vor allem die für Kohler typischen handgezeichneten Mauersteine machen aber deutlich, dass auf den drei Enden der Bahnen Architektur um das Lamm in der Mitte gesetzt ist. Aus der Wunde strömt nicht rotes Blut, sondern der blaue Lebensfluss – hier zitiert sich Kohler selbst (vgl. Degenfeld, ein Jahr zuvor entstanden).
Karl Halbauer, Roman Janssen: Evangelische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau, Effringen, Effringen 1996.