Wolf-Dieter Kohler (1928-1985), obwohl kein Architekt, war dann in Neubauprojekte eingebunden, wenn großformatige Fenster integriert werden sollten. So war es der Fall bei der evangelischen Kirche von Kleinglattbach bei Vaihingen, die zwischen Juni 1958 und November 1959 errichtet wurde. Direkt hinter dem Altar finden sich drei Fensterbahnen, die wiederum dreigeteilt wurden, so dass neun Bildfelder entstanden. Kohler fügte links wie rechts zahlreiche Symbole aus der Passionsgeschichte und der Apokalyptik ein, ohne dass eine lineare Geschichte erzählt wird.

So findet man einen Stern, die Nägel der Kreuzigung, den besiegten Drachen und vielerlei anderes. Zwischen die Symbole hat der Künstler den Text des Glaubensbekenntnisses (zweiten Artikel) mittels schwarzer lateinischer Großbuchstaben eingefügt. Die Fensterwand wird zum lesbaren Text – einmalig im Zusammenhang mit einer Darstellung des Neuen Jerusalem. Dieses ist das Thema in den zwei oberen Feldern der zweiten Fensterbahn. Man findet die goldgelben Tore als massive Blöcke, allesamt blau gefüllt, angelehnt an Kohlers Darstellung in Heilbronn, die parallel zu Kleinglattbach entstand. Da sie die gleiche Größe wie die Buchstaben haben und entfernt einem Buchstaben „A“ ähneln, fallen diese Tore nicht besonders auf. Sie reihen sich spiegelbildlich um drei Symbole: einen Vogel (Taube), das Christusmonogramm auf einem Thron und die blaue Hand Gottes. Zusammen ist auf die Dreieinigkeit angespielt. Unter den Toren, die, wie bei Kohler üblich, ohne Mauern singulär im Raum stehen, schwebt eine Waage als Verweis auf das Gericht, bei dem gute und schlechte Taten abgewogen werden.
Das Fenster wurde nicht, wie mitunter irrtümlich zu lesen ist, von der Firma Gaisser, sondern von der Manufaktur Valentin Saile in Stuttgart angefertigt.

Otto-Heinrich Elias: Bausteine zu einer Kirchengeschichte von Kleinglattbach. Festschrift anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Christuskirche, Vaihingen 2009 (2).
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.