Die Galluskirche in Brenz (Brenz an der Brenz am Rande der Schwäbischen Alb) zählt zu den ältesten Kirchenbauten Süddeutschlands. So wie heute (2022) sah die Kirche nicht immer aus. Im Kern handelt es sich noch um eine dreischiffige Säulenbasilika aus dem späten 12. Jahrhundert. Heute ist der Bau vor allem für seine Verzierungen an der Fassade bekannt. Auch im Inneren war die Kirche einst mit Kunstwerken verschiedener Epochen und Generationen ausgestattet, nicht lediglich ein Weltgericht mit vermutlich einer Darstellung des Neuen Jerusalem (nur als Fragment erhalten, um 1240), sondern Seitenaltären, Teppichen, einer Orgelempore und vielem mehr. Ende der 1950er Jahre kam es zu einer radikalen Purifizierung, die nach mehreren Etappen 1966 abgeschlossen wurde. Ziel war es, den ursprünglichen Zustand zu zeigen, den man sich karg und gewissermaßen nackt vorstellte:
Erstaunlich ist es, dass man allein für das zentrale Fenster in der Apsisrundung ein singuläres Buntglasfenster erlaubte, als Kontrast zu der übrigen monochromen Ausgestaltung. Wolf-Dieter Kohler (1928-1985), der damit beauftragt wurde, arbeitete damals gleichzeitig an einem ähnlichen Fenster für die evangelische Kirche in Ettlenschieß (ebenfalls Schwäbische Alb). Der dortige Entwurf wurden dann 1965 von der Stuttgarter Glasmanufaktur Valentin Saile umgesetzt, der hiesige im gleichen Jahr von Emil Gaisser in seiner konkurrierenden Manufaktur, ebenfalls in Stuttgart.
In Brenz sitzt Christus auf einem Regenbogen und zeigt seine Stigmata – altbekannte Motive, die auch von Kohler zuvor schon öfters zur Darstellung gebracht worden waren. Neu sind die zwölf türkisfarbenen, gelegentlich auch roten Edelsteine, die um das Haupt Christi gesetzt wurden, der damit zum Zentrum der Stadt wird. Sie wechseln nicht wahllos ihre Farbe, sondern sind symmetrisch gleich angeordnet. Kohler zeigt hier Glasbrocken, die zu dieser Zeit modern wurden, aber letztlich in der Galluskirche nicht zum Einsatz kamen. Sie alle scheinen vor den goldfarbenen Toren zu schweben. Die Tore sind stehende Blöcke, deren Mauersteine mittels filigraner Linien angedeutet sind. Auf jedem der Blöcke ist aus kompositorischen Gründen ein Feld von dieser Oberflächenstruktur freigehalten.
Wer einen geübten Blick hat, wird am Gewand der zentralen Figur eine größere Spinne (oder einen Weberknecht) finden. Solche belebenden Elemente habe ich ungestört am Leben gelassen, aus Respekt vor der Schöpfung, auch wenn Sie das künstlerische Erscheinungsbild etwas beeinträchtigen.
Walter Messerschmidt: Gallus-Kirche Brenz, Brenz 1975.
Manfred Akermann: Die Galluskirche in Brenz, Gemeinde Sontheim/Brenz, Landkreis Heidenheim. In das Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragenes Kulturdenkmal, Stuttgart 1977.
Bodo Cichy: Die Kirche von Brenz, Brenz 1991 (3).
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.