Die evangelische Petruskirche von Renningen in Württemberg (heute Einzugsbereich von Stuttgart) geht in ihren Grundmauern bis auf das 13./14. Jahrhundert zurück. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sie mehrfach ihr Aussehen verändert. Von der sich über Generationen im Inneren angesammelten Kunst ist allerdings heute wenig erhalten, da die Kirche Mitte der 1960er Jahre eine Purifizierung erleiden musste. „Modern“ hieß damals, dass alles, was alt war, entweder vernichtet oder unsichtbar gemacht werden musste. In Renningen ist man dabei besonders radikal vorgegangen: Eine neue Decke und neue Emporen wurden eingezogen, um so das gotische Gewölbe unsichtbar zu machen. Der historische Altar, die Kanzel, der Taufstein aus dem Mittelalter, Bänke aus der Barockzeit und eine funktionstüchtige Orgel wurden ausgeräumt und durch neue Werke im einheitlichen Stil ersetzt. Auch die historischen Buntglasfenster hat man herausgebrochen und 1966 durch moderne Arbeiten ersetzt. Durchgeführt wurden die Umbauten maßgeblich von Rudolf Yelin (1902-1991), einem ambivalenten Künstler: einerseits war Yelin der größte Kunstvernichter Württembergs der Nachkriegsgeschichte: Wo er auftauchte, wurden Kirchen ausgeräumt und durch seine Werke ersetzt. Andererseits war Yelin auch das größte Talent der Sakralkunst der Nachkriegsjahre, eine Autorität als Kunstprofessor mit einer Expertise, die auf dem Gebiet der Sakralkunst unbestritten war.
In Renningen gestaltete Yelin das Ostfenster des Turmchores vor dem neuen Altarkreuz, das Jesus als auferstandenen Weltenherrn und Weltenrichter zeigt und ebenfalls von Yelin gestaltet wurde. Fenster und Altarkreuz bilden eine Einheit: Der auferstandene Christus ist der Herrscher des Neuen Jerusalem, welches hier mit seinen zwölf Toren in Erscheinung tritt. Der Künstler hat in den Jahrzehnten die Stadt unterschiedlich dargestellt. Hier bevorzugte er es, allein die zwölf Tore der Stadt zu zeigen, übereinander gesetzt und auf drei Fensterbahnen verteilt. In der Erscheinung ähnelt es seiner Arbeit in Althütte, an der Yelin zeitgleich arbeitete. In Renningen hat er unten noch einen Halbkreis hinzugefügt: Dies ist ein Verweis auf den Zionsberg, auf dem nach der Johannesoffenbarung das Lamm Gottes stehen soll.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Rudolf Yelin d. J., 1902-1991. Leben und Werk, Petersberg 2019.
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