Rudolf Yelin (1902-1991), Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) und Adolf Saile (1905-1994): Altarfenster der evangelischen Pauluskirche in Mengen (1955)

In der evangelischen Kirche von Mengen, einem schlichten Saalbau von 1955, ist das Glasfenster hinter dem Altarbereich der optische Bezugspunkt und künstlerische Höhepunkt. Es handelt sich um drei Glasbahnen, in die im unteren Bereich Szenen aus dem Leben Jesu eingearbeitet sind, weswegen es auch als Passionsfenster bezeichnet wird. Weiter oben dominieren der auferstandene Christus (links) und Christus als Weltenrichter (rechts).

Es handelt sich um eine Gemeinschaftsarbeit der drei Meister Rudolf Yelin (1902-1991), Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) und Adolf Saile (1905-1994), also die damals führenden Glasmaler für evangelische Kirchen. Die drei hatten unmittelbar zuvor bei dem Wiederaufbau der Stuttgarter Stiftskirche zusammen gearbeitet, was sie hier wiederholten. Es ist davon auszugehen, dass sie diesmal bei der Motivwahl und bei der Ausgestaltung freier vorgehen konnten als bei einem Auftrag für einen traditionsreichen Kirchenbau, wo die Gemeinde, die Pastoren, der Denkmalschutz und die Kunstbeauftragten der Kirche mit hineinredeten. Die Initiative für das Fenster ging von Wolf-Dieter Kohler aus, der auch den ersten Entwurf erarbeitete. Das kann man bei den zwölf Toren Jerusalems sehen. Sie ziehen sich oben links als Fries entlang, wobei jeweils ein Torturm höher, einer niedriger gesetzt ist.

Jeder der Türme ist in der Binnenzeichnung und in der Farbwahl individuell gestaltet. Yelin hatte bislang die Stadt Jerusalem durch einzelne Häuser repräsentiert, die zwölf Tore spielten in seinem Schaffen bislang keine Rolle. Saile hatte zu diesem Zeitpunkt das Neue Jerusalem noch nie alleine dargestellt, seine großen Interpretationen sollten noch kommen. Nur Kohler hatte sich zu dieser Zeit schon mit der Stadt und ihren Toren auseinandergesetzt, so in der Henri Arnaud Kirche (1949), dann in Kirchheim unter Teck (1954) und schließlich etwas später in der Heilbronner Nikolaikirche (1959), wo die Tore annähend wie in Mengen erscheinen.
Das Glasfenster ist 1955 gegossen worden und ist damit älter als die Kirche in Mengen, die erst 1956/57 errichtet wurde. Ursprünglich war das Fenster für die erste Landesausstellung 1955 in Stuttgart angefertigt worden und wurde dort ausgestellt. Nach dem Willen der drei Künstler sollte es einer Diasporagemeinde geschenkt werden. Davon hatte der Kirchengemeinderat in Mengen gehört, sich mit dem gerade entstehenden Neubauprojekt beworben und den Zuschlag erhalten. Wer sich noch beworben hatte und warum die Wahl auf Mengen fiel, bleibt unbekannt.

Das Fenster ist zwar nicht schriftlich, so doch bildlich signiert. In der Mitte der rechten Bahn findet man drei Figuren. Links Rudolf Yelin (hier ohne Brille), in der Mitte Wolf-Dieter Kohler und außen rechts, mit Unterstützung der Finger pfeifend, Adolf Saile.

25 Jahre evangelische Paulus-Kirche Mengen, 1957-1982, Mengen 1982.

.

tags: Gemeinschaftsarbeit, Württemberg, Passion, Tore
Share:
error: