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Blaudruck „Josua und Kaleb“ (um 1720)

Das Prignitz-Museum in Havelberg (Sachsen-Anhalt) besitzt einen seltenen Blaudruck, der aus dem 18. Jahrhundert stammt. Das Werk hat die Inventarnummer V 41/93D. Der gut erhaltene Stoff zeigt mehrere Motivreihen, die sich rhythmisch abwechseln. Zum einen sind Tore und Turmbauten aneinandergereiht, über denen „Jerusalem“ geschrieben ist, zum anderen zeigt darüber und darunter eine andere Reihe zwei männliche Personen, die eine gigantische Weintraube auf einer Stange tragen. Sie sind als „Josua und Kaleb“ bezeichnet. Dieses biblische Motiv ist selten dargestellt worden, man findet es im Alten Testament (4. Buch Moses, Kap. 13 und 14): Josua und Kaleb zählten zu den Personen, die von Moses ausgesandt worden waren, um Kanaan zu erkunden und von dort eine riesige Weintraube aus dem Tal Eschkol mitbrachten. Die Darstellung der an einem Stab hängenden Mega-Traube wird in der christlichen Kunst meist „Kundschafter mit der Traube“ genannt und gilt als Symbol des Überflusses. Mit dem Himmlischen Jerusalem aus dem Neuen Testament gibt es eigentlich keine direkte Verbindung. Ein anderes Tuch aus dem Bestand des Prignitz-Museums zeigt ebenfalls Josua und Kaleb, diesmal allerdings mit der Stadt Hebron.
Im sächsischen Plauen wurde dieses Motiv, Josua und Kaleb, um 1720 für den Blaudruck erfunden, die Trachten der Personen stammen aus dieser Zeit. Das Tuch hat eine Größe lediglich von 80 x 17 Zentimetern. Die Ränder sind unregelmäßig geschnitten und trennen die Motivreihen abrupt ab, was darauf hin deutet, dass der Stoff ursprünglich größer gewesen sein muss. Beispielsweise ist die Jerusalem-Torszene nur drei Mal vollständig abgebildet, fünf Mal dagegen nur halb. Auf dem Druck ist die Stadtmauer gut zu erkennen, ebenso barocke Tore, die offen zu sein scheinen. Dort sieht es so aus, als würde unter jedem Torbogen eine weitere Weintraube hängen. Die dahinter liegende Stadt ist eine Agglomeration sakraler Bauten, die derart symmetrisch gesetzt wurden, dass sogar die Windfahnen in verschiedene Richtungen wehen.
Vermutlich stammt das Textilwerk aus einem Pfarrhaus, wo es entweder im Haushalt verwendet wurde, oder als Parament eine liturgische Funktion hatte. 

Stickmustertücher aus Altmark und Prignitz, Osterburg 1995.
Angelika Überrück: Die christlichen Motive des Blaudrucks. Spiegel der Volksfrömmigkeit in Deutschland, vom Ende des 17. Jahrhunderts bis heute, Berlin 2008.

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tags: Brandenburg, Stoff, Weintraube, Prignitz-Museum Havelberg
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