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Jean-Pierre Decker (1869-1954): Schmuckkanzel des Historismus in der Kirche Sankt Sebastian in Rümelingen (Rumelange) (um 1896)

Von Jean-Pierre Decker (1869-1954), genannt Älterhännes, ist erwiesen, dass er den Hochaltar der römisch-katholischen Pfarrkirche Sankt Sebastian in Rümelingen (Rumelange), einen Ort in Luxemburg, als Auftrag erhalten hat. Fertiggestellt wurde die opulente Schnitzerei im Jahr 1896 in Formen der Neogotik. Ob aber der Meister selbst hier Hand anlegte, ist ungewiss. Die Schnitzerei gehört zur Grundausstattung der zwischen 1894 und 1896 nach Plänen des Architekten Jean-Pierre Knepper erbauten Gotteshauses, welches zu den besterhaltenen neogotischen Sakralbauten des Großherzogtums zählt.
Bereits der Augenschein verrät, was auch chemische Farb- und Holzvergleiche ergaben: Der Hochalter stammt aus der gleichen Werkstatt wie die Kanzel. Auch sie wird also um 1896 entstanden sein, ist aus Eiche, teilvergoldet und polychromiert. Als umfangreicher Predigststuhl mit Treppenzugang, Kanzel und Schalldeckel fand sie im vorderen Langhaus zur linken Seite Aufstellung, wo man sie noch heute findet. Hier, in fünf Meter Höhe, hat der Priester einen 360-Grad-Blick auf die Gemeinde; im weiß-golden Kasel mag er bei Kerzenschein den Eindruck einer Engelserscheinung hervorgerufen haben.

Vor allem der dreifache Aufsatz des Schalldeckels ist reichhaltig ornamentiert und wird seinen Preis gehabt haben. Er zeigt die vier Evangelisten als Statuen mit den vier Attributen, wie sie in der Apokalypse beschrieben sind. Engel zwischen den Statuen rufen mit Posaunen zum Gericht. Auf zwei Etagen sind ein Dutzend Torbögen verteilt, die jeweils in drei Arkaden gegliedert sind. Sie alle stehen auf Säulen mit vergoldeten Kapitellen. Auf der Rückwand wird auf Christus den „Guten Hirten“ mit den Lämmern verwiesen, ein Motiv, welches seit der Antike apokalyptisch besetzt ist.
1896 war Decker noch nicht einmal dreißig Jahre alt. Dass lässt vermuten, dass sein Atelier noch überschaubar war und der Meister selbst an diesem Werk Hand anlegte, sowohl beim Entwurf als auch bei der Ausführung. Für einen Ein-Mann-Betrieb waren jedoch die Anfertigung von Kanzel und Altar zu umfangreich, so dass weitere, uns nicht namentlich überlieferte Handwerker daran beteiligt gewesen sein müssen.

Jubiläumsfeier und Orgelweihe der Pfarrei Rümelingen, 19. Dezember 1954, Luxemburg 1954.
Richard Maria Staud, Joseph Reuter: Die kirchlichen Kunstdenkmäler des Dekanats Bettemburg, Luxemburg 1955.
Michel Schmitt: Katholische Pfarrkirche St. Sebastian Rümelingen, Regensburg 2004.

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tags: Historismus, Neogotik, Luxemburg, Kanzel, Schnitzerei
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