Paul Weigmann (1923-2009): St. Barbara in Ippendorf (1963)

Der mächtige, neogotische Chorbereich von St. Barbara wird ganz von seinen Buntglasfenstern dominiert. Die römisch-katholische Kirche befindet sich in Ippendorf, einem Ortsteil von Bonn. In mehreren Etappen hat der Paul Weigmann (1923-2009), später zusammen mit seiner Mitarbeiterin Marie-Theres Werner (geb. 1942), die Fenster der Kirche neu gestaltet. Was sich auf den vorangegangenen Fenstern befand und warum sie weichen mussten, dazu schweigt die Literatur.
Die Zusammenarbeit der Gemeinde mit Weigmann begann mit drei Chorfenstern, bei denen apokalyptische Themen gewünscht waren. Die Arbeiten weisen einen hohen Abstraktionsgrad auf, sind auf wesentliche Bestandteile reduziert und sind nicht beschriftet. Daher ist eine Zuordnung für Besucher ohne Vorkenntnisse eigentlich nicht möglich, selbst Fachleute haben Schwierigkeiten.

Das Himmlische Jerusalem ist als mächtiger Kreis in dem mittleren Fenster dargestellt (bestätigt und näher beschrieben in einem Schreiben des Künstlers vom September 2001). Die Idee dazu ist von den Schriften Hildegard von Bingens mit beeinflusst, die neue Schöpfung soll als kosmologisches Ereignis dargestellt sein. Mit der runden Form wurde seit dem Mittelalter Vollendung und ewige Harmonie verbunden (vgl. romanische Radleuchter, aber auch Miniaturen, etwa die Apokalypse der Margareta von York (fol. 113r) oder MS Yates Thompson 10). Die Tore sind angedeutet als jeweils drei übereinander gesetzte blaue Wellen mit roten Punkten in ihren Scheiteln. In ihren kraftvollen Bewegungen nach außen soll sich zeigen, dass von diesen Toren etwas ausgeht, nach draußen dringt, etwas verkündet wird. Es sind nicht geschlossene Tore zum Schutz, sondern Einladungen nach draußen. Aus gleichem Grund wurde der Lebensbaum nicht in den Kreis, sondern an seinen Rand gesetzt, von wo aus er weiter in den Raum wächst. Umgeben ist der Jerusalemskreis von Engeln, die mit Posaunen zum Jüngsten Gericht rufen.

Die durchdachten Fensterarbeiten kamen überaus gut an und führten zu einer Jahrzehnte lang dauernden Zusammenarbeit mit Weigmann, dessen unterschiedliche Schaffensphasen an diesem Ort konzentriert erlebbar werden. Bei meinem Besuch versicherte mir der Pfarrer, dass die Fenster gerne bei Predigten zur Illustrierung herangezogen werden und in der Gemeinde eine besondere Wertschätzung genießen. Etwas bekannter sind sie, weil der Künstler hier zeitgenössische Persönlichkeiten verewigt hat, wie Mutter Teresa, Papst Johannes XXIII., Edith Stein und Adolph Kolping.

Albert Werner: St. Barbara, Bonn-Ippendorf, Wiesbaden 1966.
Chronik der Kirchengemeinde St. Barbara Bonn-Ippendorf anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der feierlichen Einsegnung der St. Barbara Kirche am 10. Mai 1908, Bonn 2008.

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