Otto Lauterbach (1909-1985) war ein Glasmaler, der vor allem nach 1945 im Rahmen des Wiederaufbaus bei Kirchenfenstern nachgewiesen ist, fast ausschließlich in Nordrhein-Westfalen, schwerpunktmäßig im Ruhrgebiet. Seine Stärke waren freie Kompositionen und geometrische Muster, er war ein Vertreter der abstrakten Malerei, die er bei seinem Studium an der Kunstgewerbeschule Krefeld (1923-1929) kennen gelernt hatte. Musste er doch einmal figürliche Motive ausführen, sind sie oft in ein größeres expressives Muster eingearbeitet, stets gekonnt und durchdacht. Figürliche Themen gelangen ihm weniger gut. Das ist auch auf einem Fenster der römisch-katholischen Kirche St. Peter und Paul der Fall, mit einem rätselhaften Fensterdetail, zumindest was das Himmlische Jerusalem angeht.
St. Peter und Paul befindet sich in der Altstadt von Straelen am Niederrhein unweit der niederländischen Grenze. Die denkmalgeschützte Kirche ist für ihre mittelalterlichen Kunstgegenstände bekannt. Auf die gotische Komposition der Architektur, etwa auf das imposante Kreuzrippen- und Netzgewölbe, nahm man bei dem Fenstereinbau Anfang der 1950er Jahre keine Rücksicht, man hatte damals ohnehin Pläne, alle gotischen Spuren zu beseitigen und die Kirche unter Einbau von Betonpfeilern radikal zu modernisieren. Glücklicherweise ist es beim Einbau der Fenster geblieben. Thema der Arbeiten, wie oft nach dem verlorenen Krieg: die Lauretanische Litanei. Üblicherweise stattete man damals jeweils ein Fenster mit einem ausgewählten Motiv aus. Hier jedoch packte Lauterbach (möglicherweise auf Wunsch oder Anweisung seiner Auftraggeber) ungewöhnlich viele Motive auf ein Fenster, obwohl der Künstler in der Kirche noch andere Fenster gestaltete, diese aber mit geometrischen Mustern füllte.
So zeigt dieses Fenster fünf oder sechs Motive, je nachdem, ob man den oberen Stern als Mariensymbol mitzählt. Alle Bilder und Beschriftungen der Mariensymbole sind in der mittleren Bahn zu finden. Ganz oben entdeckt man ein Feld mit zwei Beschriftungen, unten: „Du elfenbeinerner Turm“, oben „Du Pforte des Himmels“. In dem Bildfeld sieht man einen mittelalterlich gestalteten Turm mit einer, wenn man so will, elfenbeinernen Färbung. Wo jedoch befindet sich die angesprochene Himmelspforte? Im oberen Bereich (über dem Turm) sicher nicht, denn hier hat der Künstler lediglich ein Muster eingefügt, das ein schmiedeeisernes Gitter mit einem vergoldeten Knauf imitiert. Links wie rechts ist auch keine Pforte zu sehen.
Blicken wir nochmals auf den Turm: im unteren Bereich des Schafts hat er einen Rundbogen, dessen Hälften schwarz bzw. weiß geteilt sind. In dieser einfachen Art und Weise wurde die Himmelspforte in den 1950er Jahren öfters dargestellt. Dagegen spricht freilich, dass jeder Turm einen Zugang besitzt und auch bei den anderen Motiven nicht zwei zusammengepackt wurden. Es bleibt noch die Möglichkeit, dass die Darstellung der Pforte schlicht vergessen wurde, entweder bereits vom Künstler, oder später von der ausführenden Glasmanufaktur.
Otto Lauterbach – Glasfenster und Entwürfe: 31. August bis 2. November 1975, Krefeld 1975.
Rüdiger Peters: 1954: St. Peter und Paul in Straelen wird renoviert: oder: eine Flasche Weihwasser (Genever) als Belohnung für gute Arbeit, in: Geldrischer Heimatkalender, 2002, S. 83-89.
Stefan Frankewitz: St. Peter und Paul in Straelen am Niederrhein, Köln 2011.
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