1950, Saarbrücken-Herrensohr, Saarland, St. Marien 1 © Claus Bernet

Jerusalemsfenster aus St. Marien in Saarbrücken-Herrensohr (1950)

Herrensohr ist ein nördlicher Stadtteil von Saarbrücken, dort thront an einem Berghang über dem Ort die römisch-katholische Kirche St. Marien. Der heutige Bau wurde 1938 fertiggestellt, ging aber schon im Juli 1944 in Flammen auf und wurde in seiner Innengestaltung fast vollständig zerstört. Nur ein einziges der schmalen Hauptfenster (Kelch und Hostie) im Schiff soll überlebt haben. Alle anderen Fenster wurden 1950 neu eingebaut, sind aber nach den zerstörten Fenstern rekonstruiert. Anfang der 1990er Jahre kam es zu einer zweiten Zerstörung von 14 Bleiglasfenster durch Vandalismus, die somit 1998 erneut rekonstruiert und repariert werden mussten. Leider weiß man weder, wer die Originalfenster entworfen noch wer die erste Rekonstruktion (1950) vorgenommen hat. Der Aufbau der Fenster im Schiff und Chor ist immer gleich: ein prägnanter Spruch aus der Bibel oder von einem Kirchenlehrer, dazu ein mehr oder weniger passendes Bildmotiv.

Bei dem ersten Fenster im Chorbereich rechts ist in der unteren Hälfte mit breiten Blockbuchstaben folgendes Zitat unübersehbar angebracht: „Siehe die Stadt die ewig lebt weil sie den Tod nicht kennt“. („Tod“ durch Vergrößerung eigenartigerweise hervorgehoben, als wäre das Christentum ein Totenkult). Dabei handelt es sich um ein Zitat von Ambrosius von Mailand in seinem Kommentar zum Lukasevangelium. Darüber ist eine Gebäudeagglomeration gesetzt, eine Mischung aus einer Himmelspforte, einer zeitgenössischen Kirche und einer Stadt. Die Bauten zu den Seiten der Pforte sind symmetrisch gehalten. Die Pforte scheint offen, aus ihr strahlt eine Sonne. Leicht zu übersehen: Über der Pforte ist eine weitere, sehr kleine Pforte gesetzt. Durch eine Beschädigung (ein schwarzer Fleck) sieht es aus, als würde hier eine kleine Figur von einer Balustrade herabsehen. In Wirklichkeit ist hier aber nochmals eine Sonne eingesetzt – ein Neues Jerusalem mit Doppelsonnen dürfte einmalig sein, was dieser Einfall sagen soll, muss offen bleiben. Über der Stadt erscheint wieder Gewohntes: Ein Dreieck als Trinitätssymbol, von dem aus Strahlen die Stadt erleuchten. Ein leicht übersehendes einzigartiges Detail: Der Buchstabe „S“ des erwähnten Zitats ist als geschwungener Lebensweg in die Stadt ausgestaltet.

80 Jahre St. Marien Herrensohr: 1901-1981 (Dudweiler-Herrensohr), 1981.
Alte Kirchen in neuem Glanz: Pfarrkirche St. Marien in Dudweiler-Herrensohr, in: Paulinus. Wochenzeitung im Bistum Trier, 116, 2, 1990, S. 31.

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tags: Saarland, Vandalismus, Sonne
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