Unbekannter Meister: Lauretanische Litanei aus Heilig Kreuz in Leutesdorf (um 1950)
In den ersten Jahren nach 1945 gab es bei römisch-katholischen Kirchen in Deutschland ein bevorzugtes Thema: die Motive der Lauretanischen Litanei. Moden sind schwer zu erklären, ich sehe in dieser Wahl den Wunsch auf Bewährtes und das Anknüpfen an die Tradition, mit einem Unterschied: Bei den Bezeichnungen der Motive, wenn sie überhaupt beschriftet sind, wird nicht länger die lateinische, sondern die deutsche Sprache gewählt. So ist es auch der Fall in der Kirche Heilig Kreuz (auch Heiligkreuz) in Leutesdorf, einer Ortsgemeinde im Landkreis Neuwied am Rhein in Rheinland-Pfalz. Heilig Kreuz ist eine mächtige Rheinkirche mit einer Wallfahrtstradition, die bis in das 14. Jahrhundert zurück reicht. Hier konnte man Partikel des Kreuzes Christi verehren. Die Spenden der Wallfahrer machten es möglich, immer wieder Umbauten oder Erweiterungen vornehmen zu können oder Kunstwerke zu finanzieren. Um 1950 richtete man eine Seitenkapelle ein. Zu dieser Zeit war die Kirche so gut besucht, dass bei sonntäglichen Gottesdiensten auch dieser Raum links vom Altar mit Besuchern gefüllt war. Diese konnten das eigentliche Geschehen im Hauptraum nicht verfolgen, sondern sahen auf eine Glasfensterwand mit einer Mariendarstellung in der Mitte und ausgewählten Mariensymbolen zu ihren Seiten, vier links, drei rechts. Eine Besonderheit: Alle acht Fenster lassen sich vollständig öffnen.
Der Künstler, der hierzu den Entwurf beigetragen hat, ist genauso unbekannt wie die Glasmanufaktur, die ihn umsetze. Die Himmelspforte befindet sich in der rechten Mitte, zwischen Fenstern mit der Arche des Bundes und dem Morgenstern.
Im oberen Bereich werden die stilisierten Buchstaben „M“ und „A“ gezeigt, als Marienanagramm, das man auch auf den anderen Fenstern findet. Ein weiteres Anagramm ist das „X“ und „P“ für Christus, mit welchem die Tür der Pforte beschriftet ist. Umgeben ist die Pforte von einer massiv wirkenden Architektur, der ein Engel als Torwächter aufgesetzt ist. Unten dient die Beschriftung der Pforte als Fundament oder Basis, sie läuft seitlich aus, was nochmals den wehrhaften Eindruck stärkt.
Die Wallfahrtspilger sind über die Jahrhunderte weniger geworden, und die Zahl der Gottesdienstbesucher nimmt ab. Schließlich wurde der Kapellenraum nicht mehr benötigt, so dass man ihn als Abstellkammer umfunktionierte. Im Laufe der Jahre haben sich dort die unterschiedlichsten Vasen angesammelt, so dass der Raum wie ein kleines Vasenmuseum wirkt.
Suitbert Vöing, Karl Lehmann Wallfahrtskirche Heiligkreuz in Leutesdorf und der Gang nach Emmaus. Ihre Geschichte und ihre neue Bestimmung, Trier 2010.
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