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Horst Eckstein (1932-2018): Kapelle Maria Heimsuchung in Strauscheid (1984)

Die Symbole der Lauretanischen Litanei waren in den 1980er Jahren kein gefragtes Thema, ohnehin war der Bedarf neuer sakraler Glasfenster im Vergleich zu den 1950er und 1960er Jahren erheblich zurückgegangen. Auf dem Land konnte es gelegentlich zu lokalen Initiativen kommen, die sich für dieses Motiv begeisterten, oder die Kirche führte den Namen Mariens. Beides ist der Fall bei der Kapelle Maria Heimsuchung in Strauscheid im Westerwald.

1984 stellte Horst Eckstein (1932-2018) in seiner Koblenzer Glaserei neun Rundbogenfenster für die Kapelle her, im Advent gleichen Jahres fand die feierliche Einweihung statt. Zuvor befanden sich dort geometrische Komposition aus der Erbauungszeit 1933, von denen sich unter der Empore Fragmente erhalten haben. Das zweite linke Fenster (vom Eingang aus) präsentiert in einem Medaillon die Himmelspforte. Eckstein hatte bei der Gestaltung freie Hand: „War das Thema einmal gefunden, gab es bei der künstlerische Gestaltung keine Vorgaben. Allein war gewünscht, dass man die Gegenstände als solche auch erkennen konnte, keine geheimnisvollen Rätsel, die sich mehr an ein intellektuelles Publikum richten. Ich suchte danach in alten Büchern nach Ideen und bin immer wieder auf eines meiner Lieblingsbücher gestoßen: Eine Ausgabe des englischen Pilgerbuchs von Bunyan. Als ich das Buch dem Pfarrer zeigte, war er sogleich begeistert und meinte, etwas Besseres könnte er sich nicht vorstellen. Im Unterschied zur Vorlage habe ich die die beiden Türflügel einen Spalt offen gelassen. Auch wurde auf leichte Beschädigungen der Pforte verzichtet. Die Steine und das Beschlagwerk vermitteln Stärke und Standhaftigkeit“.


Das fertige Ergebnis erinnert tatsächlich etwas an die romantischen Pforten, die man in den Ausgaben von John Bunyans Roman „Pilgrim‘s Progress“ aus dem späten 19. Jahrhundert findet, etwa London 1840. Besonders auffällig sind das Beschlagwerk und die Scharniere, wie auch die zwei Türklopfer, wohingegen ein Türschloss zu fehlen scheint. Hinter der Pforte und dem angrenzenden Mauerwerk erhebt sich eine Gloriole, deren Licht aus der verborgenen Pforte auszugehen scheint. Starkes Mauerwerk und Pflastersteine unterstreichen die Festigkeit des Baus, im Gegensatz zu Gattern oder Holzpforten. Ob Betrachter diese Pforte ohne Anzeichen von Leben den Attributen Mariens zuordnen können, ist fraglich, zumal fehlt eine helfende Beschriftung. Die Gemeine hilft sich wie andernorts, indem kleine Hinweistafeln neben diesem Fenster angebracht sind. Diese zunehmende Tendenz ist eine Antwort darauf, dass Kirchenbesucher nicht mehr mit der religiösen Bildsprache vertraut sind, selbst wenn es sich um simple, selbsterklärende Gegenständlichkeiten handelt.

Anton Lahr: 330 Jahre Kapelle Sankt Maria Heimsuchung in Strauscheid, Strauscheid (um 2013).

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tags: Rheinland-Pfalz, Pforte, Westerwald
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