St. Matthias vertritt in Leverkusen-Fettehenne die römisch-katholische Kirche. Der moderne Bau wurde Ende der 1960er Jahre am Rande einer Siedlung hin zu einem Grüngürtel errichtet. Seine Fenster sind ein Beitrag von Ingeborg Bukor (1926-1986). Die aus Wien stammende Künstlerin ist vor allem als Bildhauerin und Restauratorin im Rahmen von Kunst am Bau hervorgetreten, etwa mit dem Relief „Junge und Mädchen“ in einer Schule in Essen (1963) oder mit der Hundeskulptur in einer Lübecker Schule (1986).
Bukors Werk in Leverkusen entstand noch vor ihrem Umzug nach Lübeck 1972, wo die eigentliche Schaffensphase der Künstlerin ansetzt. Der Rohbau von St. Matthias wurde zuvor, Ende November 1967, durch Bischof Augustinus Frotz eingeweiht, wenige Monate danach wurden die Fenster von der Firma Otto Peters aus Bottrop (später Paderborn) eingebaut. Diese sind im Schaffen von Bukor in mancherlei Hinsicht eine Besonderheit: Zum einen haben wir es mit einem ihrer seltenen Frühwerke zu tun. Dann ist es das einzige bekannte Beispiel für eine Kirchenverglasung seitens der Künstlerin. Bukor hatte sich vor allem auf menschliche Figuren und auch Tiere spezialisiert, doch in St. Matthias sind weder das Lamm Gottes, eine Taube, noch Engel, Christus oder Apostel dargestellt. Im Gegenteil, es handelt sich um eine überwiegend abstrakte Darstellung, die allein in ihrem Titel „Das Himmlische Jerusalem“, wie das rechte Fenster in der Vorderwand heißt, das Thema aufnimmt. In ein Feld unterschiedlich blauer Glasscheiben sind vor allem dunkelrote und braune Scheiben gesetzt. Ganz überwiegend handelt es sich um Rechtecke, die die Assoziation von Bauten zulassen (vgl. ein Fenster von Rudolf Yelin von 1929 oder von Adolf A. Osterieder 1979). Die Rechtecke verdichten sich zur Fenstermitte hin zu einer Stadt. Oben und unten rahmt das Fenster ein hellblauer, fast weißer Streifen. Unten wird dieser Streifen von einigen vertikalen Farbscheiben durchbrochen. Manche sehen hier die Stadt auf einem Podest präsentiert. Bei meiner Besichtigung wurde mir dies als das nach unten strömende Wasser des Lebens erklärt. Eine weitere Erklärung ist die Hand Gottes, die auch auf einem anderen Fenster der Kirche thematisiert wird. Solche unterschiedlichen Deutungen sind typisch für moderne Kunstwerke und ein positives Zeichen ihrer Qualität.
Jens-Uwe Brinkmann: Ingeborg Bukor zum Gedenken. Skulpturen und Zeichnungen. Ausstellung im Ostchor des Domes zu Lübeck, 25. April – 24. Mai 1987, Lübeck 1987.
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