Marie-Theres Werner (1942-2023), Paul Weigmann (1923-2009): Fensterwand St. Bernhard in Lowick (1996)

Marie-Theres Werner (1942-2023) aus Wuppertal gestaltete gemeinsam in einer damaligen Ateliergemeinschaft mit Paul Weigmann (1923-2009) im Jahr 1996 ein umstrittenes Glasfenster der römisch-katholischen Kirche St. Bernhard in Lowick, eine Vorstadt von Bocholt am Niederrhein. Gefertigt hat das Fenster aus überwiegend rotem und gelbem Antik- und Opalglas, Blei sowie Schwarzlot die Glasmanufaktur H. Derix in Kevelaer. Das Fenster befindet sich nicht im eigentlichen Gottesdienstraum, sondern im Eingangsbereich gegenüber den Zugangstüren. Erst wenn man das Fenster hinter sich lässt und nach links abbiegt, betritt man die eigentliche Kirche. Auch ist es als Zweisichtverglasung gestaltet, denn Weigmann hatte von Beginn an die Absicht, dass man das Fenster auch dann sehen sollte, wenn die Kirche verschossen ist. Damit hatte er eine geradezu prophetische Sicht, denn anders als noch 1996 ist die Kirche heute fast stets abgeschlossen.

In dem Rundfenster sind zahlreiche weiße und gelbgoldene Bauten der Himmelsstadt zu sehen, viele Wohnbauten und Türme. Unter anderem findet man auch Minarette und den Halbmond einer Moschee im Zentrum (der Felsendom mit Halbmond auf seiner Kuppel). Traditionelle christliche Symbolik oder Figuren, wie das Lamm Gottes, Engel, die zwölf Tore oder Christus als Weltenrichter fehlen dagegen eigentlich vollständig. Eine weitere, kleine „Aufmüpfigkeit“ ist der Eckstein, der links unten aus dem Kreis hervorragt – er soll andeuten, dass aus das Unangepasste, das Irreguläre oder Unangepasste seinen Platz haben müsse.

Das Fenster in Lowick hat insbesondere mit dem Bistum Streitigkeiten ausgelöst, wobei von dort vorgeschoben oder vorgegeben wurde, dass das Thema „Himmlisches Jerusalem“ bereits zu häufig in der Sakralkunst dargestellt worden sei. Daher wäre es in Lowick überflüssig – dagegen könnte man aber argumentieren, dass das Kreuz in Kirchen zu oft zu sehen sei. Jedenfalls hat sich das Bistum nicht durchsetzen können oder wollen, das Fenster ist seit 1996 fester Bestandteil von St. Bernhard. Auch wurden nach 1996 viele weitere Kunstwerke mit dem Himmlischen Jerusalem problemlos vom Bistum genehmigt, dass doch der Ansicht war, es würde deren zu viele geben.

Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 6).

 

tags: Münsterland, NRW, Paul Weigmann, Islam, Felsendom, Rundfenster, Derix
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