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Um 1930 fertigte Annemarie Schütt-Hennings einen mit Wollstoff hinterlegten Wandteppich an, auf dem ein Himmlisches Jerusalem in eine Paradieslandschaft gesetzt ist. Rechts unten ist der Name der Künstlerin eingewebt. 2022 stand das 120 x 190 Zentimeter große Textilkunstwerk in Deutschland zur Versteigerung an und wurde erst dadurch einer größeren Öffentlichkeit bekannt, was umso erfreulicher ist, da man bislang nur sehr wenige Werke der Künstlerin kennt.
Maria sitzt hier mit dem Jesuskind auf ihrem Schoss (hier nicht abgebildet). Beide sind von zahlreichen Tieren und Pflanzen unter blauem und sonnigem Himmel friedlich umgeben. Dennoch wird in diesem Paradies gearbeitet, so findet man rechts Bauern beim Getreide ernten und einige Fischer. Eine Figur auf dem Wasser zeigt an, dass hier auch Jesu Gang auf dem See Genezareth eingearbeitet ist. Links zeigt die Künstlerin ein großes Himmlisches Jerusalem in annähernd kubischer Gestalt. Eine weit in die Landschaft ragende Freitreppe führt in die Stadt, eine Person betritt sie gerade durch das Haupttor. Im inneren findet sich ein Gewirr von Bauten und Straßen, dazwischen immer wieder Bäume.
Franz L. Pelgen: Annemarie Schütt-Hennings. Stationen ihres Lebens und Wirkens, in: Hugo-Ball-Almanach, 11, 1987, S. 138-177.
Zur Künstlerin:
Über Annemarie Schütt-Hennings wissen wir noch wenig, Literatur zu ihr existiert kaum. Sie wurde 1905 geboren und war die Tochter der Schriftstellerin und Schauspielerin Emmy Ball-Hennings (1885-1945) sowie die Stieftochter des Dadaisten Hugo Ball (1886-1927). Sie kam also bereits in frühen Jahren mit Kunst in Berührung und studierte Ende der 1920er Jahre am Bauhaus, in der Abteilung Weberei bei Gunta Stölzl (1897-1983). Kurz danach wird dieser Wandteppich sowie ein weiterer (zu sehen in der Bauhaus-Ausstellung in der Alten Post von Bad Primasens, 2019) entstanden sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Schütt-Hennings vor allem als Herausgeberin hervorgetreten: 1956 edierte sie Briefe an Hermann Hesse, wozu sie auch eine eigene Einleitung verfasste. Ein Jahr darauf brachte sie Briefe von Hugo Ball heraus, 1963 seine gesammelten Gedichte (Neuausgaben 1970 und 1988). Verstorben ist die Künstlerin und Herausgeberin im Jahr 1980 und wurde im Tessin bestattet.
Beitragsbild: K&K