Weltgerichtsikone aus Zentralrussland (um 1910)

Diese Weltgerichtsikone entstand im sogenannten „goldenen Ring“ vor den Toren Moskaus. Dieser „goldene Ring“ ist kein Ring von Autobahnen um Moskau, sondern eine lose Ansammlung von historischen Städten und orthodoxen Klöstern nordöstlich von Moskau, wie Susdal, Uglitsch, Rostow Weliki, Sergijew Possad oder Pereslawl-Salesski. In welcher Werkstatt konkret diese Ikone gefertigt wurde ist ebenso unbekannt wie der Auftraggeber oder die Kirche bzw. das Kloster, in dem das Kunstwerk einst aufbewahrt und in Funktion gewesen war. Die Ikone wurde noch unmittelbar vor der Russischen Oktoberrevolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts angefertigt; Fachleute datieren sie auf etwa um 1910 entstanden. 2016 wurde sie von einem Meister der Ikonographie in Moskau gesäubert und restauriert. Ein Jahr darauf stand das Kunstwerk dann zum internationalen Verkauf an, seitdem haben sich die Spuren verloren.
Das Himmlische Jerusalem macht auf dem 46 x 35 Zentimeter kleinen Gemälde auf Basis von Eitempera und Vergoldungen nur einen kleinen Ausschnitt oben links aus (18 x 12 Zentimeter). Ungewöhnlich ist die Form der Pforte als breiter Rundturm mit einer braunen, sich verjüngenden Kuppel. In dieser Pforte steht ein Heiliger in einem roten Gewand, hinter ihm, kaum sichtbar, ein goldgefärbter Engel. Beide ziehen weitere Heilige von unten in die rettende Stadt (Typus Fahrstuhlikone). Einige der Geretteten sind bereits in einem eigenen Bau versammelt, der sich rechts der Pforte anfügt. Es handelt sich im Prinzip um eine Arkade, deren ebenfalls braunes Dach mit einem Zackenfries versehen ist. Hinter den Bauten, wie übrigens auch im Hintergrund des Zugangs in die Stadt, sind einige grüne Blätter gesetzt. Damit wird auf den Paradiesgarten angespielt, der bekanntlich der Vorläufer, das Vorbild und das Gegenbild aus dem Alten Testament zum Himmlischen Jerusalem im Neuen Testament darstellt.

 

tags: Moskau, Weltgericht, Auktion, Tempera, Arkade
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