Russische Weltgerichtsikonen der Tretjakow-Galerie in Moskau (16. und 17. Jh.)

Diese russische Weltgerichtsikone entstand im Umkreis der orthodoxen Kirche im 16. Jahrhundert. Einst war sie Teil der Sammlung E. E. Jegorow, heute ist sie im Besitz der Tretjakow-Galerie in Moskau. Wie die meisten dieser Werke ist sie aus Tempera gearbeitet. Im Aufbau und in der Farbgebung ähnelt das Neue Jerusalem einer Weltgerichtsikone aus der Staatlichen Kunsthalle Perm. Hier jedoch ist die Architektur ausformulierter und reichhaltiger wiedergegeben, grüne und rosafarbene Bauten wechseln sich ab. Markant für diesen Ikonentyp wird das dunkelblaue Wolkenband, welches sich von links unten nach rechts oben schiebt und die heilige Stadt von den übrigen Bildfeldern abgrenzt. Nur links außen ist dieses Band durchbrochen, wo ein frommer Mensch mit Hilfe eines Engels in die rettende Stadt gezogen wird. 

Vladimir Codikovič: Semantika ikonografii Strašnogo Suda v russkom iskusstve 15.-16. vekov, Ul’janovsk 1995.

 

Die Tretjakow-Galerie hat sich anscheinend auf diesen Ikonentyp spezialisiert, denn sie besitzt davon zwei weitere Fassungen. Eine davon (17. Jh.) hat eine Gesamtgröße von 53 x 42 Zentimeter und kam im Jahr 1933 in die Galerie. Die Bauten des 16 x 11 Zentimeter großen Details, vor allem die rosafarbene Pforte links, sind reichlich ornamentiert. Wie auf der Ikone zuvor wurde auch hier auf eine Mauer verzichtet, um die zahlreichen Heiligen vor der Stadt unterzubringen, bzw. sind die Heiligen ihr eigentlicher Schutz.

Ekaterina L. Selezneva (Hrsg.): Icones russes, Moscou (1997).

 

Diese weitere Ikone mit dem Titel „Weltgericht“ ist Teil der Dauerausstellung der Tretjakow-Galerie. Sie ist ebenfalls im 17. Jahrhundert entstanden, wurde beschädigt und im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts restauriert und neu gerahmt. Von dem Handwerker sind nur die signierten Initialen bekannt, A. T. Er hat in St. Petersburg gearbeitet, wo vermutlich diese Arbeit angefertigt oder doch zumindest in einer Kirche oder einem Kloster aufbewahrt wurde. Die gesamte obere Seite ist ausgefranst und stark beschädigt. Dennoch kann man die Grundstruktur des Neuen Jerusalem noch gut erkennen: Links zieht sich ein schmaler, roter Turm nach oben, in dessen ebenso schmale Öffnung die Heiligen eingelassen werden. Zahlreiche Heilige befinden sich bereits im Inneren, getrennt durch ein schmales, hier rosafarbenes Wolkenband. Im Hintergrund sind noch einzelne Bauten der Stadt zu erkennen, ganz rechts ein zweiter Turm, von dem sich nur noch der Schaft erhalten hat.

 

tags: Tretjakow-Galerie Moskau, Russland, Weltgericht, Tempera, Wolkenband
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