Bei diesem Ausschnitt handelt es sich um einen unteren Teil eines komplexen, didaktischen Ikonenbilds, welches das russisch-orthodoxe Glaubensbekenntnis in Wort und Bild erklärt. Solche Tafeln haben Namen wie „Glaubensbekenntnis“, „Symbol des Glaubens“ oder „Bild des Glaubens“ oder kurz auch „Symbolbild“. Diese Ikonen sind jedoch nur dem Namen nach eine Gruppe, das Neue Jerusalem auf ihnen konnte völlig verschieden dargestellt sein (siehe die Glaubensbekenntnis-Ikone von Mstyora oder aus Murom), oder auch gar nicht.
Diese Fassung entstand im nördlichen Russland in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, der nähere Entstehungshintergrund wie auch der bzw. die Maler oder auch nur die Malerschule sind nicht bekannt. Das Kunstwerk hat eine Gesamtgröße von 244 x 211 Zentimetern.
Das Himmlische Jerusalem findet man auf der Tafel in der Mitte des unteren Abschlusses. Annähernd ist hier Jerusalem in Form eines gleichschenkligen Dreiecks dargestellt, bei dem man jedes Tor, was eigentlich unmöglich ist, von vorne sehen kann. Sechs Tore findet man vorne, jeweils drei weitere Tore an den beiden hinteren Seiten der Mauer. In allen zwölf Toren stehen Apostel mit hellen Kleidern, die nach vorne schauen. Die goldenen Mauern dazwischen sind reichhaltig ornamentiert. Auch hier sieht man vorne die Schauseite, von den zwei hinteren Mauern die Innenseite. Das Innere der Stadtanlage wurde mit Paradiesanklängen ausgestaltet. Somit findet sich hier keine Architektur, sondern eine Art Wiese mit kleineren Pflanzen und Bäumchen. Dazwischen ist ins Freie eine Bank gestellt, auf der die drei Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob sitzen, versammelt mit weiteren Heiligen, ausschließlich männlich. Die kyrillische Inschrift dazu lautet „Das Leben der Welt“. Die Malerei in überwiegend grünstichigen Temperafarben war einst in Besitz einer russisch-orthodoxen Kirche oder eines Klosters und ist heute Teil einer Privatsammlung.
Claus Bernet: Pretiosen des Ostens. Ikonen, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 36).