
Das Fenster in der reformierten Kirche zu Alblingen im schweizerischen Kanton Bern erinnert an die irdische Pilgerschaft in Richtung des neuen, himmlischen Jerusalem. Sein „offizieller“, von den beiden ausführenden Künstlern (s.u.) bestätigter Titel ist auch „Neues Jerusalem“. Auf dem zentralen Südfenster über dem Altarbereich erkennt die versammelte Gemeinde eine übergroße Figur, die Christus oder einen heiligen Pilger darstellen kann. Sie ist mit wenigen schwarzen Linien lediglich angedeutet, wie eine Lichterscheinung, die aus dem Hintergrund hervortritt.
Neben dem Lamm mit dem Kreuz links sind rechts die Kürzel für die altgriechischen Buchstaben Alpha und Omega eingezeichnet. Umgeben ist das Ganze von den zwölf Toren der Stadt, die sich, ebenfalls schwach markiert, in jeweils einem farblich variierendem Quadrat an der linken und rechten Außenseite des Fensters sowie unterhalb des Kopfes der Figur befinden. Die Verteilung ist ungewöhnlich und ergibt kein Quadrat: fünf jeweils am linken und rechten Rand, zwei weitere oben. Stadtmauern zwischen diesen Toren fehlen. Der Berner Künstler und Meister der Glasmalerei, Max von Mühlenen (1903-1971), hatte in seinen letzten Lebenstagen eine Skizze für dieses Fenster entworfen, auf Anregung des örtlichen Pfarrers. Es war eine Arbeit in der Tradition des Bauhauses. Die Scheiben sollten aus zahlreichen Quadraten in unterschiedlicher blauer, roter und grüner Farbe bestehen, was an Bauklötzchen anlehnt. Die Farben Blau und Rot, die traditionell das Himmlische Jerusalem symbolisieren und im Schaffen von Mühlenen eine besondere Bedeutung einnehmen, dominieren auch hier. Der Grafiker Peter Stein (1922-2015), ein Schüler und Freund von Mühlenens, vollendete in Zusammenarbeit mit dem Glasmaler Konrad Vetter (1922-1914) bis 1973 das Werk, worüber die Signatur unten rechts Auskunft gibt.
Beide Künstler legten Wert darauf, sich in der Umsetzung 1:1 an die erhaltene Skizze des Meisters und seine handschriftlichen Angaben zu Größe und Farbwahl gehalten zu haben. Die Finanzierung wurde damals durch einen eigenen Kirchenfensterfonds ermöglicht, den eine Familie aus Freiburg/Schweiz bereits im Jahr 1930 eingerichtet hatte.
Peter Stein: Die Glasfenster von Max von Mühlenen, Bremen 1972.
Max von Mühlenen: Aus den Aufzeichnungen des Malers. Ausgewählt und hrsg. von Max Altorfer, Bern 1982.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).