Gustave Zanter (1916-2001): Ehemalige Kirche Saint-Joseph in Ernster (1949)
Saint-Joseph in Ernster war eine römisch-katholische Kirche in Luxemburg. Die dortigen Kirchenfenster aus vorwiegend rotem und blauem Antikglas, Blei und Schwarzlot wurden mit verschiedenen Symbolen der Lauretanischen Litanei ausgestattet. Verantwortlich war 1948/49 damals der luxemburgische Glasmaler und Mosaizist Gustave Zanter (1916-2001), womit Kriegsschäden durch einen Granatenbeschuss beseitigt werden mussten. Damit ist dieses Fenster ein Beispiel für die Lauretanische Litanei unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auch außerhalb von Deutschland.
Ausgeführt wurde die Arbeit übrigens von der Glasmanufaktur Léon Lovdvig aus Lampertsbierg, mit der Zanter zur gleichen Zeit für Arbeiten in der Kirche von Ehnen (Kanton Grevenmach) zusammenarbeitete. In Ernster kostete damals der Entwurf 19.000 Franken, die Ausführung 40.700 Franken, was zum Großteil durch Spenden von Gemeindemitgliedern getragen wurde.
Das Fenster neben der Empore an der rechten Seite des Kirchenschiffs zeigt das Motiv in figürlicher Ausführung. Die spitzbogige Pforte ist geöffnet, ihr Türflügel ist weit nach rechts gedreht. Dahinter erscheint das gleiche blau-rötliche Glas wie an den beiden Seitenrahmungen des Fensters. Oben leuchtet ein achteckiger Stern, vielleicht ein weiteres Mariensymbol, nämlich der Stella Maris. Tatsächlich gibt es Vorläufer für diese Kombination, nämlich auf zwei Ölmalereien aus der Sammlung Joaquin Gandarillas Infante (18. Jh.) und ein Fenster aus St. Patrick in Eskaheen (um 1905). Unten thront die Pforte auf einer kleinen, stilisierten Wolke, die wie ein menschliches Gehirn aussieht. Ob es sich wirklich um Wolken handelt, bleibt unbeantwortet, da Zanter über der Pforte Wolken eingefügt hat, die eine andere Farbe und Form haben als das Objekt unten. Die einflügelige Tür wird oben von einem kleinen Putto offen gehalten, der sie mit beiden Händen festhält. Menschen, Heilige oder gar Christus sind hier nicht zu sehen. Ganz oben ist nochmals auf Latein schriftlich festgehalten, was man hier sieht: die Porta Coeli, also die Himmelspforte.
Das Fenster mit dieser Pforte zieht sich durch die hölzerne Empore nach oben, durch die sie zweigeteilt ist. Im oberen Bereich zeigt das Fenster einen Hirschen, der seinen Durst an einem Wasser stillt, ein Motiv aus den Psalmen. Die Empore ist heute für Gottesdienste nicht mehr in Gebrauch, denn die Kirche wurde inzwischen profaniert und zu einem Sozialkaufhaus umgebaut. Viele liturgische Gegenstände und Kunstwerke wurden abtransportiert, andere (wie der neogotische Kreuzweg) sind auf dieser Empore eingelagert.
Michel Schmitt: Gustave Zanter (1916-2001): sein glasmalerisches Werk, in: Nos Cahiers Lëtzebuerger Zäitschrëft fir Kultur, 23, 1, 2002, S. 47-55.
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).