Die Fenster-Serie in der römisch-katholischen Kapelle „Unbefleckte Empfängnis Mariä“ des Priesterseminars in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark, wurde in den Jahren 1961 bis 1963 durch den österreichischen Maler und Grafiker Rudolf Szyszkowitz (1905-1976) gestaltet. Seine farbintensiven Glasfenster stellen die christliche Heilsgeschichte dar und erstrecken sich thematisch von der Schöpfung bis hin zur Wiederkunft Christi.
Das neunte und letzte Fenster zeigt die göttliche Stadt als gelbes Quadrat vom Lebensfluss durchzogen. An den vier Seiten ist die Stadt von zwölf Perlen umkreist. Diese sind alle weiß, bis auf eine halb rote Perle in der Mitte unten. Von diesen Perlen gehen fahnenähnliche Farbstücke aus, die die Edelsteine markieren, aber auch an fliegende Engel erinnern. Das Ganze wird von dem stehenden Lamm mit einem erst blickendem menschlichen Antlitz überwölbt. Der Regenbogen, auf dem das göttliche Lamm steht, korrespondiert mit den zerbrochenen Fragmenten der alten Schöpfung ganz unten, die genau die entgegengesetzte Biegung aufweisen. Hier ist es dunkel, kalt und unförmig.
2015 wurde das Fenster auf der „Wissensseite“ https://austria-forum.org wie folgt beschrieben: „In der Kapelle können wir in der Abfolge der Fenster von der ‚Vertreibung‘ an progressiv ein Lichter- und Wärmerwerden der Farben feststellen, das im letzten Glasfenster, dem ‚Himmlischen Jerusalem‘, seinen Höhepunkt findet. Das Lamm Gottes, die vier Paradiesesströme, seit der frühchristlichen Kunst Symbol für die vier Evangelisten, die sieben Tore und Türme Jerusalems verkünden als Abbild des Himmels die Verheißung des ewigen Lebens nach dem Jüngsten Gericht“ (Skreiner). Hier liegen Fehler vor: die vier Paradiesflüsse sind keinesfalls seit der frühchristlichen Kunst ein Symbol für die vier Evangelisten, und hier sind auch nicht die vier Flüsse, sondern ein Lebensfluss dargestellt. Die Stadt hat auch nicht „sieben Tore und Türme“, sondern ihre Zahl wird in der Offenbarung des Johannes mit zwölf angegeben. Die Frage der Tore stellt sich aber nicht, denn Szyszkowitz hat hier nicht Tore dargestellt, sondern die in meiner Beschreibung oben genannten Bildelemente.
400 Jahre Grazer Priesterseminar, Graz 1973.
Max Mayr: Zeichen der Hoffnung: 775 Jahre Diözese Graz-Seckau, Graz 1993.
Gudrun Danzer, Christa Steinle Hrsg.): Rudolf Szyszkowitz (1905-1976): Zwischen Tradition und Erneuerung, Graz 2005.
Claus Bernet: Neues Jerusalem in Österreich, der Schweiz und der Alpenregion. Ein Kunstreiseführer, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 18).