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Harry MacLean (1908-1994): Dreifaltigkeitskirche in St. Ilgen (1964)

Die Renovierung der evangelischen Dreifaltigkeitskirche von St. Ilgen, südlich von Heidelberg, war ein Schwerpunkt der Gemeinde unter ihrem damaligen Pfarrer Willi E. Moser in den Jahren 1963 bis 1964. Die alten Fenster der Jugendstilkirche, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurden erst mit einer Notverglasung gesichert und später gegen Entwürfe des Berliner Bildhauers, Malers und Glaskünstlers Harry MacLean (1908-1994) ausgetauscht. Harry MacLean, der in Heidelberg sein Atelier führte, hat fünf Mal während seines Schaffens das Himmlische Jerusalem als Glasfenster für Kirchen angefertigt, drunter dieses eine Fenster in Baden. Die von der Heidelberger Glaserei Meysen ausgeführten Entwürfe hatte MacLean zwei Jahre zuvor im Rahmen des Karlsruhers Lutherkirchen-Wettbewerbs eingereicht. Zwischen dem Tauf- und dem Abendmahlsfenster hat der Künstler auf sieben Bahnen das Neue Jerusalem dargestellt. Man findet es auf der Empore gegenüber dem Altar. Von dort wie aus dem Kirchenschiff ist es vollständig nicht sichtbar, dazu muss man erst die Empore betreten.

Das Mosaik in hauptsächlich blauen und grünen Pastelltönen lässt vor allem die Himmelspforten der Stadt und den Lebensfluss erkennen. Dieser schwingt sich dynamisch von links oben nach unten und verteilt sich von dort nach rechts oben sowie rechts seitlich. Von den Toren kann man zehn festmachen, weitere Tore lassen sich erahnen. Sie verteilen sich lose über die Bahnen und sind nicht durch Mauern verbunden. Jedes hat eine andere Farbe, mache sind in der Mitte mit einer Linie versehen und haben demnach zwei Flügel. Durch den Fluss und die Tore sollten die Fenster verbunden werden, und, wie es der MacLean wünschte, nicht auseinander fallen.

Es gibt noch eine kleine Besonderheit zu den Glasfenstern von St. Ilgen. Unterhalb aller Fenster findet man an der Innenseite, also zum Innenraum hin, eine kompakte Schicht loser Kieselsteine. Diese Steine bleiben natürlich nicht am Fenster, sondern wandern über das Fensterbrett und verursachen vor allem beim Reinigen der Fenster Verdruss. Eine solche Steinschicht kenne ich von keiner anderen Kirche; ich dachte zuerst an die Tradition im Judentum, kleine Steine auf ein Grab abzulegen, oder an einen Scherz Jugendlicher. In der Gemeinde vermutete man, dass die Steine sich von oben an der Verputzung gelöst haben könnten, was aber nicht der Fall ist. Viel eher scheint es sich im eine Maßnahme zum Verhindern von Durchzug oder Schwitzwasser zu handeln.

 Marion Fleischer: Die Glasmalereien des Harry MacLean, Weinheim 1996.
100 Jahre Dreifaltigkeitskirche St. Ilgen, Heidelberg 2016.
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).

 

tags: Harry MacLean, Baden, Firma Meysen, Lebensfluss
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