Ein weniger bekannte Buntglasarbeit mit einem Motiv des Himmlisches Jerusalem schmückt die private Kapelle des Bestattungsinstituts Mechler in Bühl am Rhein in Baden. Die Künstlerin, welche die Verglasung der Signatur nach entwarf, war Theresia Karl (gest. 2016) aus Grosselfingen in Baden-Württemberg. Leider war es mir nicht mehr möglich, mit der Künstlerin über ihre Arbeit sprechen zu können. Die Qualität ihrer Malerei deutet darauf hin, dass sie nicht zum ersten Mal in Glas gearbeitet hat, gleichwohl sind keine anderen Glasfenster der Künstlerin bekannt.
Ihre Ausführung in poppigen Farben scheint nur vordergründig nicht zum Ort stiller Trauer zu passen, da die leuchtenden Farben ja auch eine positive Stimmung vermitteln und für einen Christen mit dem Tod ja nicht alles aus ist, sondern ganz im Gegenteil eigentlich erst das eigentliche ewige Leben beginnen sollte. In das obere Hauptfeld hat Theresia Karl drei rote Tore gesetzt. Sie stehen offen. Durch sie hindurch sieht man weitere kleinere Tor, die jetzt geschlossen sind und eine gelbgoldene Farbe haben. Jedes dieser Tore hat eine andere Türfüllung. Neben diesen Toren sieht man auch einen anderen Bautypus: einen quadratischen Turm, der an vier Seiten offen zu sein scheint und mit einer flachen Kuppel bekrönt ist. Vier solche Bauten kann man entdecken, dazwischen fliest das Wasser des Lebens. An seinem Ufer stehen zwei Bäume, der Tradition nach der Baum der Erkenntnis und der Baum des ewigen Lebens.
Diese Motive des Hauptfeldes lassen sich drehen. Zum Vorschein kommen dann unten vier Planeten und oben drei Sterne, die eine Verbindung zu den Sternen an den zwei Seitenteilen herstellen. Mit diesem nichtreligiösen Bild hat man von Beginn an denjenigen eine Alternative angeboten, die die Darstellung des Neuen Jerusalem nicht wünschen. Jedoch bleiben dann weiterhin die zwei Figuren an den Seiten sichtbar. Sind es Adoranten, weitere Trauernde, Johannes und der Engel mit dem Maßstab? Ich sehen in den Figuren links Christus mit der Dornenkrone und rechts möglicherweise Maria. Diese Figur ist übrigens in einen vierten roten Torbogen eingesetzt.
Das dreiseitige Fenster wurde im Jahr 1990 von der Firma Derix aus Rottweil und Taunusstein eingebaut und findet, nach Auskunft des Instituts, vor allem bei älteren Besuchern noch Anklang. Gleichwohl wird der trauernde Ausdruck der Figuren und anderes als nicht mehr zeitgemäß angesehen. So gibt es Pläne einer Umgestaltung, wobei möglicherweise die Seitenteile entfernt werden und nur das Mittelteil mit den Toren erhalten bleiben soll, freilich integriert in eine Neukonzeption des gesamten Raums. Ein Problem beleibt die rechte Hand der linken Figur, die in den Mittelteil übergreift.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 6).