Hubert Schaffmeister (1928-2012): Zum Göttlichen Erlöser in Köln (1973) und St. Albert in Saarbrücken (1984)

Im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Rath befindet sich die römisch-katholische Kirche Zum Göttlichen Erlöser. 1973 gestaltete der damalige Kunstprofessor Hubert Schaffmeister (1928-2012) das dortige Westfenster aus Opalglas, Blei, Schwarzlot, Lupengläsern und Betonformsteinen in der Rückfront mit dem Motiv „Das Himmlische Jerusalem“. Die Ausführung oblag der Kölner Firma W. Winnen. Wie die Abbildung zeigt, ergeben sechs vertikale Durchlassungen zwischen den vertikalen Betonsteinen Raum für ein in sich zusammenhängendes Glasbild, welches allein auf gelber Färbung basiert. In jedem der Fensterstreifen sind Himmelspforten und Engel verteilt. Die Stadt mit ihrer Mauer ist mit einer Ecke nach vorne zum Betrachter hin verschoben, wobei das Doppeltor im mittleren Streifen unten am besten zu erkennen ist; es ähnelt einem antiken Tempel. Die Stadtmitte ist mit einem Dreieck besetzt, einem im Katholizismus gängigen Symbol der Dreieinigkeit. Ungewöhnlich sind die insgesamt 13 Perlen, mit denen das Dreieck besetzt ist, wie auch die Blüten, die in kleinen Glasfenstern um das Hauptfenster verteilt sind.

Wulf Herzogenrath: Kölner Künstler persönlich vorgestellt, Köln 1979.
Heinz Stephan: Erlöserkirche Köln-Rath, Troisdorf-Spich 1991.
Manfred Becker-Huberti, Günter A. Menne: Kölner Kirchen, Köln 2004.

 

Über dem Altar der Kirche St. Albert in Saarbrücken (Rodenhof) schuf Hubert Schaffmeister kurz darauf erneut eine Glaswand mit dem Himmlischen Jerusalem. Dies war 1984, als in der katholischen Kirche ein „Glasdom“ von der Firma Binsfeld aus Trier eingebaut wurde. Das 280 Quadratmeter große Fenster aus Antik- und Opalglas zeigt das Neue Jerusalem als symbolische Gegenkraft zu Babylon. Für einen Besucher ist es nicht möglich, die zahlreichen Bildelemente der konkav gekrümmten Wand auf einmal einzufangen, sondern er soll sich bewusst bewegen, Positionen ändern, neue Perspektiven einnehmen. Von links nach rechts ist dargestellt:

Aus einem Kreuz erwächst an drei Enden der grüne Lebensbaum mit seinen roten Früchten – ein uraltes Bildmotiv der christlichen Ikonographie. Vor dem Baum bzw. Kreuz oder Kreuzbaum reicht eine marmorfarbene Engelsfigur Christus einen goldenen Siegeskranz. Unten stehen die Toten aus den Gräbern auf, ganz links Luther und Melanchthon.
Die Mitte der Bildkonzeption dominiert der Lebensfluss. Er entspringt einer Darstellung des Gotteslammes zusammen mit dem versiegeltem Buch des Lebens unmittelbar am Dachfirst. Von dort strömen weiße, blaue und hellgrüne Farbbänder nach unten, um in einem rechteckigen Becken aufgefangen zu werden. An diesem Becken ist rechts eine Taufszene dargestellt (nach anderer Interpretation auch als Heilung des Lahmen gesehen).
Das rechte Feld zeigt eine stehende Figur mit einem Maßstab links und einer Zeichenmappe rechts. Manche sehen hier den Engel, der Johannes (der hier nicht dargestellt ist) die Stadt zeigt und sie vermisst. Andere erkennen hier den menschlichen Schöpfer- und Erfindergeist, der irdische Städte hat erstehen lassen. Rätselhaft erscheint ein teilweise goldfarbenes Gebilde über dem Haupt dieser Figur, mit dessen Deutung ich überfordert bin. Auch ein brieflicher Austausch mit dem Künstler blieb unbefriedigend. Verbunden sind die Fensterbahnen mit ihren Motiven durch eine Mauer im unteren Bildhintergrund. Auf ihr sind einfache, geöffnete Rundbogentore eingesetzt, in denen sich teilweise Szenen wie die der Taufe abspielen. Erneut Rätselhaftes: Schaffmeister hat eindeutig nur elf Tore dargestellt. Vielleicht wird das zwölfte Tor durch den Lebensfluss verdeckt? Über jedem Tor findet man flügelartiges Wesen mit goldenen und grauen Flügeln – Schaffmeister betrachtete sie ausdrücklich als Engel, die die Tore bewachen. Doch auch hier für den aufmerksamen Betrachter erneute Unklarheit, Vieldeutigkeit oder Interpretationsraum: zählt man genau, sind es nicht, wie in der Apokalypse beschrieben, zwölf Engel, sondern dreizehn.

Pfarrkirche St. Albert, Saarbrücken Rodenhof, Saarbrücken 2004.
Oranna Dimmig: Katholische Pfarrkirche St. Albert Saarbrücken, Saarbrücken 2015.

 

tags: Köln. Monumentalfenster, Firma W. Winnen, Beton, gelb, Tempel, Dreieinigkeit, Trinität, Perle, Altarwand, Glasdom, Saarbrücken, Saarland, Kreuz, Lebensbaum, Edelstein, Rätsel, Martin Luther, Melanchthon, Taufe, Lahme
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