Paul Weigmann (1923-2009): Herz Jesu in Friedrich-Wilhelms-Hütte (1959)

Der Glasmaler und Zeichner Paul Weigmann (1923-2009) aus Leverkusen verknüpfte im Jahr 1959 in einem Monumentalfenster die Motive der Erde als erlöstes Paradies mit dem Himmlischen Jerusalem. Dieses ist überwiegend in weißen und hellblauen Tönen gestaltet, die an kristalline Strukturen erinnern. Zahlreiche Splitter, Zacken und Ecken lassen sich finden, zwischen die der Künstler figürliche Elemente gelegt hat. Im unteren Bereich der Gottesstadt sind Himmelspforten (eine wird gerade von einem Menschen betreten, der an ein Playmobil-Männchen erinnert), Türme und weitere Bauten aneinandergereiht, in einer Art Lichtkegel, der sich von der dunkleren Umgebung abzeichnet. Die Stadt ergibt jedoch keine erkennbare geometrische Form, und oft ist ist nicht klar, ob eine Pforte ein Tor der Stadt ist oder zu einem Haus innerhalb der Stadt gehört. Die Abgrenzung nach außen markieren hier nicht etwa Mauern, sondern mächtige Bäume an den Seiten. Das Fenster aus Antikglas und Blei befindet sich im Altarraum der damals neuerbauten römisch-katholischen Kirche Herz Jesu in Friedrich-Wilhelms-Hütte, einem Ortsteil von Troisdorf (Nordrhein-Westfalen). Weigmann hat später in seinem Schaffen das Himmlische Jerusalem noch sehr oft dargestellt. In Friedrich-Wilhelms-Hütte hat er sich jedoch erstmals mit diesem Thema auseinander gesetzt, zeitgleich zu einem ähnlichen, traditionellen Fenster in der Kirche St. Nikolaus in Bergisch Gladbach-Bensberg.

Weigmann hatte auch den Anspruch, dass seine Glasmalerei nicht nur in der Kirche, sondern auch von außen erlebbar ist. Dazu war ein spezielles dünnes Glas als Zweisichtverglasung erforderlich, welches man heute aus energetischen Gründen gar nicht mehr verwendet dürfte. Durch das Gegenlicht auf der gegenüber liegenden Seite oder durch Lichtquellen im Gebäude ist es tatsächlich möglich, dass man das Himmlische Jerusalem, oder zumindest Teile davon, auch tagsüber von der Straße aus sehen kann. Das Besondere ist, dass es in ganz verschiedenen Farben erscheinen kann. Ist die Lichtquelle im Gebäude etwa rot, so erscheinen alle weißen Glasscheiben in einem Rotton; ist die Lichtquelle, wie hier zu sehen, ein warmes Gelb, so erscheinen die weißen Glasscheiben in einem Gelbton, usw.

Paul Weigmann: Glasmalerei aus dem rheinischen Raum, Leverkusen 1983.
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).

 

tags: Nachkriegsarbeit, Kristall, Baum, NRW
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