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Himmelspforte in St. Marien in Wesseling (1958)

In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als zahlreiche Kirchen neu verglast werden mussten, ist der Künstler namentlich nicht immer bekannt. Dies ist auch der Fall bei der römisch-katholischen Kirche St. Marien in Wesseling am Niederrhein. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dass der Sakralbau damals überregional Beachtung fand. Es handelt sich um eine gewaltige Werkkirche, die damals von einer ansässigen Ölfirma gesponsert wurde. Zur Einweihung am 9. November 1958 war sogar Kardinal Josef Frings geladen, der nur deswegen verhindert war, weil er nach Rom musste, als dort Johannes XXIII. zum Papst ernannt wurde.
Für St. Marien in Wesseling wählte man im Jahr 1958 die Symbole aus der Lauretanischen Litanei, die die Reinheit Mariens darstellen sollen. Das sind in Wesseling etwa der Turm Davids, die mystische Rose oder die Bundeslade. Das Thema ist Jahrhunderte alt, erlebte aber in der frühen Nachkriegszeit im westlichen Deutschland eine ganz neue Beliebtheit.
Unter den Symbolen findet man im Eingangsbereich der Kirche links die Pforte des Himmels. Die Arbeit aus überwiegend blauem und rotem Antikglas und Blei zeigt eine einfache rundbogige Pforte, die wie ein Fenster erscheint. Durch sie ziehen sich horizontale wie vertikale Lichtwellenbänder, die der Pforte etwas Bewegung und Schwingung verleihen. In der Mitte hat der unbekannte Künstler einen rot-weißen Kreis gesetzt. Möglicherweise ist dies der Türknauf der Himmelspforte? Der Morgenstern, der gelegentlich mit der Himmelspforte gezeigt wird, kann es nicht sein, denn der wird auf einem anderen gegenüberliegenden Fenster gezeigt.
Was man fotografisch kaum einfangen kann, ist, dass die Pforte leicht konvex in den Innenraum ausbuchtet. Eine solche Verformung weisen auch die anderen Symbole der übrigen Fenster auf, möglicherweise handelt es sich um thermische Einflüsse. Heute ist der Kirchenbau kaum mehr geheizt und wird nur noch selten genutzt. Da der Eingangsbereich einen separaten Raum abbildet, in dem früher auch Taufen stattfanden, wurde er zeitweise als Schulraum für Flüchtlinge genutzt. Die gesamte Zukunft von St. Marien, die inzwischen zur Filialkirche degradiert wurde und deren Pfarrhaus aufgelöst ist, bleibt ungewiss. Es gibt Überlegungen, den Hauptbau abzureißen und den Vorraum als gemischtkonfessionelle Kapelle zu erhalten – in diesem Falle würde das hier besprochene Fenster gerettet sein.

Die neue Kirche Mariä Namen in Wesseling-Süd, hrsg. von der Kath. Rekt.-Pfarre in Wesseling, Erolzheim 1958.
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46). 

 

tags: Niederrhein, Maria Immaculata, Porta Coeli, Nachkriegskunst, anonym
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