Heinz Bienefeld (1926-1995), Dominikus Böhm (1880-1955): St. Maria Königin in Köln-Marienburg (1954)

In den ersten Nachkriegsjahren war Bescheidenheit angesagt. Das belegt diese Darstellung einer Himmelspforte, die fast ausschließlich auf Blau und Schwarz basiert und nur an wenigen Stellen rote und gelbe Einsprengsel aufweist. Die Pforte selbst ist ein einfacher Torbogen, umgeben von grau-weißen Glassteinen, die sich zur Mitte hin ausrichten und, vor allem im unteren Bereich, einen Strahlenkranz ergeben, der die Pforte wie ein Medaillon umfasst. Dieses Detail ist eine Arbeit aus verschiedenen Sorten Antikglas, Industriegläsern und Blei von dem Architekten und Glasmaler Heinz Bienefeld (1926-1995), der hier mit der Glasmalerei Hein Derix in Kevelaer zusammenarbeitete.

Das war im Jahr 1954. Die unscheinbare Pforte gehört zu einer großflächigen Darstellung der Maria Immaculata mit zahlreichen ihrer Symbole nach der Lauretanischen Litanei, ein Motiv, welches in der Nachkriegszeit im katholischen Sakralbau eine überraschende Renaissance erfuhr. So war das Thema zuvor schon in Püttlingen (Saarland), Simmerath-Huppenbroich (Rheinland) oder Straelen (Niederrhein) – ein aufstrebendes, kunstinteressiertes junges Talent wie Bienefeld wird sich sicherlich die eine oder andere dieser Arbeiten angesehen haben.

Man findet die Symbole im Schiff der römisch-katholischen Kirche St. Maria Königin in Marienburg, einem südlichen Stadtteil von Köln. Der Name der Kirche war damals ausschlaggebend für die Motivwahl der Fenster.
Die Kirche wurde von 1952 bis 1954 von Dominikus Böhm (1880-1955) erbaut, der angeblich auch bei den Fenstern mitgewirkt haben soll. Ein Jahr später war die oben erwähnte Bescheidenheit schon weniger gefragt. Bienefeld gestaltete dann in Köln-Neuehrenfeld in St. Anna ein noch größeres Monumentalfenster, welches ebenfalls das Himmlische Jerusalem zum Thema hat, aber in einer viel umfassenderen Darstellungsweise als hier in Form einer kleinen Pforte.
Falls Dominikus Böhm tatsächlich auch bei den Fenstern von St. Maria Königin mitgearbeitet haben soll, dann war es die letzte Arbeit dieses Künstlers in Glas. Böhm war zu dieser Zeit Mitglied der Gemeinde und wohnte privat nur wenige Häuser von der Kirche entfernt. Die Glaswand, ob von Böhm oder Bienefeld oder beiden zusammen, ist ein Meisterwerk mit Abstrichen, es hat durchaus Schwächen. So wiederholen sich bestimmte Motive, und die Träger der Glaswand trennen bildliche Motive, die man mit wenig Aufwand hätte verschieben können. Dies ist auch bei der Pforte der Fall, die vertikal zweigeteilt ist. Ungeachtet dessen gilt vor allem Böhm als großer Meister des Kirchenbaus, worauf bereits eine Ehrentafel an der Kirche die Besucher hinweist. Zufällig fand in der Woche meines Besuches ein Vortrag zu der Glaswand von Dr. Anna Pawlik statt, was mir zeigte, welche Bedeutung dieses Kunstwerk noch heute einnimmt. Gerne hätte ich dort die Stärken und Schwächen dieses Werkes näher diskutiert, konnte aber wegen einer anderen Verpflichtung nicht teilnehmen.

Paul Georg Berndorff: Maria Königin in Köln-Marienburg, München 1961.
Günter Schmitt: Katholische Kirche St. Maria Königin Köln-Marienburg, Regensburg 2004 (2).
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).

 

tags: Rheinland, Köln, Maria Immaculata, Porta Coeli, Bescheidenheit, Nachkriegskunst
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