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Eugen Keller (1904-1995): Fensterband in Weidenhausen (1962)

Die evangelische Kirche im hessischen Weidenhausen 20 Kilometer westlich von Marburg (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Stadtteil von Marburg) wurde im Jahr 1962 nach rund zweijähriger Bauzeit fertiggestellt, die Festpredigt hielt der damalige Kirchenpräsident Martin Niemöller. Der Neubau ersetzte die wesentlich ältere Kirche in der Dorfmitte, die vermutlich im Mittelalter aus einem Wehrturm heraus entstanden war. Kunstgegenstände aus dem mittelalterlichen Vorgängerbau hat man damals nicht übernommen, alles sollte neu und vor allem besser sein. Der Neubau hat einen quadratischen Grundriss mit einer Seitenlänge von zwanzig Metern, was bereits eine gewisse Analogie zum Himmlischen Jerusalem andeutet. Der Grundgedanke der Kirche, also die Gemeinschaft der Heiligen, wurde in den beiden großen Fenstern des aus Höhr-Grenzhausen stammenden Glasmalers und Bildhauers Eugen Keller (1904-1995) aufgenommen, der hier das erste Mal in seinem Schaffen das Himmlische Jerusalem dargestellt hat, am Beginn eines Fensterbandes, das sich von links nach rechts um den Altar zieht.

 

In einem Tondo sitzt das Lamm Gottes auf dem versiegelten Buch. Über dem Lamm befindet sich das göttliche Auge, direkt darunter Kugeln in bunten Farben – nicht etwa Christbaumkugeln, wie Konfirmanden vermuteten, sondern diese Kugeln stehen für die Edelsteine der Stadt oder auch für die Früchte des Lebensbaums. An beiden Seiten des Lamms ist diese figürliche Darstellung von Toren umgeben. Keller hat sie als einfache gelbe und auch grüne Trapeze gestaltet. In den Toren hebt sich vor schwarzem Hintergrund eine weiße Binnenzeichnung ab – es sind vermutlich die Engel die hier Wache halten. Man kann zwölf Tore finden, wobei in einem Fall der Engel durch das davor liegende Tor verdeckt ist. Bei meinem Besuch bereicherte der Pfarrer die Deutungsvielfalt um weitere Sichtweise: Man sieht in den Toren bereits Straßen und Wege der Stadt. 

Alte Wehrkirche Weidenhausen im Salzbödetal: Vorschläge des Förderkreises Alte Kirchen. Umgestaltung der Weidenhäuser Kirche zu einem Jugendzentrum, Marburg 1976.
Thomas Keller (Hrsg.): Eugen Keller. Leben und Werk. Treuchtlingen 1990.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 6).

 

tags: Fensterband, Hessen
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