Zion-Tabernakel aus der Moskauer Rüstkammer des Kremls (1486)

Ein sehr frühes erhaltenes Beispiel für einen Jerusalems-Tabernakel stammt aus der russisch-orthodoxen Sakralkunst. Es ist der berühmte Zion-Tabernakel, welcher mehrfach kopiert wurde und auf die Tabernakelkunst der Ostkirche prägend wirkte. Es handelt sich dabei im Kern um eine Arbeit aus dem 12. Jahrhundert, die erstmals im Jahr 1486 umgearbeitet und erweitert wurde, dann ein zweites Mal im 19. Jahrhundert.
Zweck des Kunstwerks ist die Aufbewahrung von Hostien (Brot). Der untere Bereich des Kunstwerks (12. Jh.) besteht heute aus einer Darstellung der zwölf Apostel im Dreiviertelprofil, die sich über einem unverzierten Fuß erheben. Die Apostelfiguren, die jeweils in Arkaden eingefasst sind, deren Säulen jeweils unterschiedlich ornamentiert sind, tragen auf ihren Schultern eine Architekturformation (15. Jh.). Diese wurde einer orthodoxen Kirche oder Kapelle mit Zwiebeltürmen nachempfunden. Höhepunkt ist die Dachformation mit dem zentralen Hauptturm samt einem lateinischen Kreuz auf der Spitze. Durch die Anordnung der Apostel und die zentrale Kuppel entsteht ein annähernd rundes Objekt.
Das vergoldete Silberkunstwerk wurde einst vom russischen Großfürst Iwan III. für die Dormitio-Kathedrale (auch Mariä-Entschlafens-Kathedrale genannt) im Kreml bestellt. Iwan III. baute den Kreml damals mit mehreren Kirchen aus und machte ihn maßgeblich zum Machtzentrum Russlands – nur die besten Kunstwerke waren hier gut genug. Der Zion-Tabernakel war im Kreml bei religiösen Festen und Feiern in Gebrauch, bis er in die Rüstkammer des Moskauer Kreml kam. Diese beiden prominenten Aufbewahrungsorte (Dormitio-Kathedrale und Rüstkammer) haben maßgeblich zur Popularisierung dieses Kunstwerks beigetragen.

Boris Aleksandrovic Rybakow: Der Moskauer Kreml – die Rüstkammer, Prag 1966.
Victor H. Elben: Über einige liturgische Geräte aus dem alten Russland, in: Eva Haustein-Bartsch (Hrsg.): Russische Ikonen. Neue Forschungen, Recklinghausen 1991, S. 193-216.
Claus Bernet: Der Tabernakel und das Neue Jerusalem, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 34).

 

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