Ikone „Muttergottes aller Betrübten Freude“ aus Moskau (1680)

Die insgesamt 161 x 92 Zentimeter große russische Ikone entstand 1680 in der Regierungszeit des Zaren Fjodor III (1661-1682). Dieser war der erste Zar, der sich westlich orientierte, kleidete und sogar frisierte. Unter seiner Regierung begann sich das Russische Reich Europa anzunähern. Gleichzeitig war Zar Fjodor ein überaus frommer Regent, der sogar einige Kirchengesänge eigenständig verfasste und Ikonenmalereien persönlich in Auftrag gab. Seine Regierungszeit war jedoch kurz, diese Arbeit entstand zwei Jahre vor seinem Tod.
Der Titel dieser feinen Temperamalerei lautet übersetzt: „Muttergottes aller Betrübten Freude“. Ihr Standort war einst die Moskauer Rüstkammer des Zaren, bis sie in den Revolutionsjahren in das Staatliche Historische Museum von Moskau genommen wurde. Der Ikonenausschnitt zeigt eine offene Himmelspforte, gestaltet als frühbarockes Portal. Die Kolorierung der Säulen zeigt an, dass der Bau aus Marmor gestaltet sein soll. Deutlich kann man den schwarzen rechteckigen Eingang sehen, ob geöffnet oder noch verschlossen bleibt unklar. Weitere solcher schwarzen Ein- bzw. Ausgänge sind links und rechts angedeutet. Ebenso unklar ist die Form dieses Gebäudes: ein Rechteck, polygonal oder etwa doch eine Rotunde? Offensichtlich war der Maler mit dem schwierigen Thema der richtigen Perspektive einer säulengesäumten Architektur überfordert. Der tempelartige Bau befindet sich auf dem Zionsberg, umgeben von Engeln, die die gerade Auferstandenen in das Himmelreich geleiten. Unten ist die alte, vergehende Erde angedeutet.

Giuseppina Cardillo Azzaro, Pierluca Azzaro: Sophia la sapienza di dio, Milano 1999.
Claus Bernet: Pretiosen des Ostens: Ikonen, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 36).

 

tags: Zar, Moskau, Rüstkammer, Kreml, Russland, Tempel
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