Heinz Lilienthal (1927-2006): Fenster der Kirchen in Gröpelingen (Bremen), Weyhe, Weddinghofen und Thedinghausen (1958ff)
Der Lesumer Glasmaler Heinz Lilienthal (1927-2006) hat über einen langen Zeitraum das Neue Jerusalem immer mal wieder auf norddeutsche Kirchenfenster gebracht und dabei seine eigene Formensprache gefunden. Die Arbeiten sind malerisch in weichen Formen ausgeführt, auffällig sind die dunklen braunen Farbtöne der Himmelsstadt und die Verwendung von Türkis. Darüber hinaus gibt es noch weitere Arbeiten von Lilienthal, auf denen das Neue Jerusalem aber anders als hier dargestellt ist. Seine Glasfenster in Gröpelingen, Weyhe, Weddinghofen und Thedinghausen verstand er als Einheit und wünschte ausdrücklich, dass sie im Zusammenhang vorgestellt werden.
In der evangelischen Gemeinde Gröpelingen (Bremen) wurde ab 1958 die Philippuskirche errichtet. Die Glasfenster von 1966 sind eine erstmalige Darstellung des Neuen Jerusalem von Heinz Lilienthal. Die Stadt besteht wie dann auch auf den folgenden Arbeiten aus ineinander geschobenen Bauten im oberen Drittel; teilweise vermag man Kuppeln oder auch ein Rundbogentor zu erkennen. Im unteren Bereich sind zwei Figuren eingesetzt: Johannes auf Patmos und der Engel, welcher ihn auf die Stadterscheinung aufmerksam macht. Hie wie auch auf den folgenden Fenstern verzichtete der Künstler auf belebende Elemente in der Stadt, man findet also keine Engel, Apostel, auch kein Gotteslamm (Ausnahme Weddinghofen) oder Trinitätsdarstellungen.
Als ich die Kirche 2019 besuchte, gab es die Philippuskirche nicht mehr, bzw. wird sie jetzt von einer afrikanischen Gemeinde unter dem Namen „New Covenant Church International“ genutzt. Ich wurde freundlich aufgenommen, aber zunächst war es nicht möglich, das Fenster abzulichten: streng verboten! Der Bereich vor dem Fenster war nun mit voluminösen Thronsitzen für die Priester jetzt heilig und durfte von mir (als anscheinend Unreinem) nicht betreten werden. Nach einigen Diskussionen und freundlichen Zusicherungen wurde mir schließlich gestattet, das Fenster von der Seite abzulichten, anschließend wurde es digital um etwa 30 Grad gedreht, was die nicht ganz optimale Qualität der Aufnahme erklärt.
Werner Kloos: Heinz Lilienthal. Werdegang und Werk, Bremen 1985.
Eine apokalyptische Schau bieten die drei Chorfenster der evangelischen Felicianuskirche zu Weyhe im Landkreises Diepholz, geschaffen 1967. Zustande gekommen waren sie auf Wunsch eines Pastors, der zuvor in Gröpeningen als Vikar gearbeitet und dort die Fenster kennen und schätzen gelernt hatte. Das eigentliche Neue Jerusalem, ganz ähnlich wie in Gröpelingen, ist mit goldenen Dächern im oberen Teil des mittleren Fensters zu sehen. Dort weist eine gesichtslose Figur links auf eine Ansammlung gelbgrüner Häuser, die sich den Hintergrund nach oben ziehen. Ist es Johannes auf Patmos, ein Engel oder noch jemand ganz anders?
Im Jahr 1977 wurde die evangelische Auferstehungskirche in Weddinghofen erbaut, einem Ortsteil von Bergkamen im nördlichen Ruhrgebiet. Das den Chor abschließende Rundbogenfenster zeigt das Neue Jerusalem und wurde von Lilienthal hier einmal in Betonglas gestaltet. Auch wenn die Gestaltung der Stadt im Prinzip gleich geblieben ist (Mauerschichten und Tore, die zwischen den Mauern immer wieder hellgelb und ocker aufleuchten), wird durch das Beton eine etwas andere Erscheinungsweise hervorrief als bei den Fenstern zuvor. Über allem thront hier das Lamm Gottes in einer Gloriole auch über dem Neuen Jerusalem. Dieses befindet sich unter einem Kegel. Lilienthal bietet hier eine interessante Fortentwicklung seiner Arbeit in Weyhe, die genau zehn Jahre zurückliegt.
Die evangelische Maria-Magdalena-Kirche zu Thedinghausen im Landkreis Verden (Aller) besitzt im Chorbereich ein dreiteiliges Fenster aus dem Jahr 1988. Es ist die vorletzte Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Thema. In der Mitte ist der auferstandene Christus mit dem Totenreich zu Füßen wiedergegeben – und über ihm erhebt sich das ewige Jerusalem mit etwas mehr zackigen, expressiven Toren als zuvor in einer Felsenlandschaft, überhöht vom türkisfarbigen Firmament und zwei Sternen. Zwischen der Stadt und Christus schlängelt sich als neu hinzugekommenes Element der Lebensfluss.
Karsten Wilkens: 125 Jahre Maria-Magdalena-Kirche zu Thedinghausen, Thedinghausen, um 1995.