Josef Welling: Tabernakel aus der ehemaligen Kirche St. Maximilian-Kolbe, Bochum (1978)
Im August des Jahres 1978 schuf der Goldschmied Josef Welling aus Koblenz einen schlichten, aber eindrucksvoll meditativen Tabernakel für die damals neu errichtete römisch-katholische Kirche St. Maximilian-Kolbe in Bochum-Kornharpen (Ruhrgebiet). Ein gusseiserner Mittelteil zeigt im Zentrum das stehende Agnus Dei in einem Tondo. Dieses Detail lässt sich öffnen: Dort befindet sich das eigentliche Tabernakel, also der Aufbewahrungsort für Wein und Brot für das Abendmahl. Das Lamm ist von den zwölf Toren umgeben, die es wie ein Zackenfries umziehen, drei an jeder Seite. Alle Tore sehen gleich aus, stehen offen und haben oben eine Mauerkrone. Ein schmales Band als Stadtmauer verbindet alle Tore untereinander und schließt den Tabernakel optisch nach außen ab. Über zwei sich verjüngende Stelen wird die Verbindung mit dem Boden des Altarbereichs hergestellt. Dieser Innenteil wird nun von einem vergoldeten breiten Band schützend umrahmt, das den Innenteil vollständig einschließt, aber nirgends berührt. Wie ein Kind im Mutterleib wird hier ein geschütztes Jerusalem präsentiert, von dem seiner klaren Formen wegen eine starke optische Anziehung ausgeht. Interessant ist, dass das vergoldete Band eine Aussparung in Form eines Quadrats frei lässt, das Himmlische Jerusalem aber in der Länge und Breite unterschiedlich groß ist.
Die Kirche wurde 2008 nach nur einer Generation wieder geschlossen – die römisch-katholische Kirche befindet sich im Ruhrgebiet in der größten Krise ihrer Geschichte, sie ist in vielen Bereichen und Stadtteilen längst eine Diaspora. 2012 wurde der Bau vom Bistum an das Beginen-Projekt abgegeben. Was aus den Kunstwerken werden wird, ist bislang ungewiss, auch aus diesem Grund wäre eine sorgfältige Dokumentation des Bestandes dieser Kirche wichtig.
Heinz Dohmen: Sakrales Schaffen. Josef Welling und Wilhelm Derix, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 38, 1985, S. 214-217.
Claus Bernet: Der Tabernakel und das Neue Jerusalem, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 34).